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Bei dieser Entwicklung der Dinge lassen sich die Fälle einer
materiellen Verwaltungsgerichtsbarkeit der Zivil- und Strafgerichte
nicht auf einen einheitlichen Rechtsgrundsatz zurückführen. Es
handelt sich vielmehr um eine Reihe von einzelnen Fällen, die
sich nach den drei Hauptgruppen des Beamtenrechts, der Polizei
und des Finanzwesens zusammenfassen lassen.
a) Auf dem Gebiete des Beamtenrechts kommen in Frage
die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten. Sie ruhen auf
der öffentlichrechtlichen Grundlage des Beamtenverhältnisses, können
aber zivilprozessualisch geltend gemacht werden, in Preußen nach
dem Gesetze vom 24. Mai 1861, im Reiche nach dem Reichsbe—
amtengesetze. Nur muß eine Entscheidung der obersten Verwaltungs-
behörde vorhergehen, und demgegenüber die Klage in Preußen
binnen sechs Wochen, im Reiche binnen sechs Monaten erhoben
werden (Vgl. § 14).
b) Auf polizeilichem Gebiete kommt der Zivil= wie der Straf-
rechtsweg gegenüber den Anordnungen der Polizei in Betracht.
a) Der Zivilrechtsweg wurde gegenüber polizeilichen Anord-
mungen von dem früheren preußischen Rechte in ziemlich weitem
Umfange zugelassen, da man die Polizei nicht als wesentliches
Hoheitsrecht, sondern wegen ihrer Verleihung an Grundherren
und Städte halbprivatrechtlich als Regal ansah. Noch die Ver-
ordnung vom 26. Dezember 1808 hielt an der weiten Zulassung
des Rechtsweges fest. Eine Einschränkung brachte erst das Gesetz
vom 11. Mai 1842. Es läßt gegenüber Polizeiverfügungen den
Zivilrechtsweg in drei Fällen zu: 1. wenn der Betroffene Be-
freiung von der Verpflichtung kraft besonderer Gesetzesvorschrift oder
speziellen Rechtstitels (wohlerworbenes Recht, ius speciali titulo
acquisitum) behauptet; 2. wenn der Betroffene behauptet, die Ver-
pflichtung liege nicht ihm, sondern einem andern ob, hier jedoch
nicht gegenüber der Polizei, sondern gegenüber dem anderen; 3.
wenn der Betroffene behauptet, daß die Anordnung einen solchen
Eingriff in Privatrechte enthalte, daß dafür nach allgemeinen
Grundsätzen Entschädigung geleistet werden müsse, über die Ent-
schädigung. In dem ersten Falle ist jedoch jetzt nach § 127 Abs. 4
des Landesverwaltungsgesetzes der ordentliche Rechtsweg insoweit