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schildern, mit Zustimmung des Bezirksausschusses auch gewisser
baulichen Veränderungen aufzustellen. Das Gesetz vom 15. Juli
1907 gibt der örtlichen Baupolizei gleiche Befugnisse und gestattet
weitere Beschränkungen im Interesse des Heimatschutzes durch Orts-
statute.
n § 31. Die Armenpflege.
Die Armenpflege war im Mittelalter Aufgabe der Kirche im
Sinne der christlichen Caritas und wurde erst seit der Reformation
vom Staate übernommen, freilich anfangs hauptsächlich nach der
Richtung einer polizeilichen Repression. Erst im 18. Jahrhundert
machte man Ernst mit der Auferlegung der Armenlast auf kom-
munale Verbände. Mustergültig war die preußische Gesetzgebung
vom 31. Dezember 1842, die den Gegenstand auf dem Boden der
Freizügigkeit regelte und die Grundlage des Reichsrechts wurde.
Derzeit ist die Armenpflege für das ganze Reich mit Ausnahme
von Bayern (kraft Reservatrechts) durch Reichsrecht geregelt.
Rechtsquelle ist das Gesetz über die Freizügigkeit vom 1. No-
vember 1867, das auch in Bayern gilt, und das Gesetz über
den Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 1870 nebst verschiedenen
Novellen, insbesondere vom 12. März 1894 und 30. Mai 1908.
Die letzte Novelle hat die deutsche Armengesetzgebung von 1910
ab auch für Elsaß-Lothringen in Kraft gesetzt. Dazu kommt
das preußische Ausführungsgesetz vom 18. März 1871 und
11. Juli 1891.
Grundlage ist die Armenpolizei, die die Spreu vom Weizen
sondert. Sie bewegt sich im Wege strafrechtlicher Repression gegen
Bettler und Landstreicher, woran sich eine präventive Erziehungs-
Fürsorge durch ÜUberweisung an die Landespolizeibehörde anschließen
kann. Nur die der Armenpolizei nicht anheimfallenden Personen
werden Gegenstand der Armenpflege.
Die Armenpflege setzt Hilfsbedürftigkeit voraus und ist jedem
Inländer zu gewähren. Hinsichtlich der Ausländer, wozu armen-
rechtlich auch Bayern gehören, entscheiden besondere völkerrechtliche
Verträge. Für Bayern treffen der Gothaer Vertrag vom 15. Juli
1851 und der Eisenacher Vertrag vom 11. Juli 1853, die noch
aus der Zeit des deutschen Bundes stammen, nähere Bestimmungen.