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Dem Hilfsbedürftigen ist zunächst Unterstützung zu gewähren
von dem Ortsarmenverbande, Gemeinde= oder Gutsbezirk, in dem
er seinen Unterstützungswohnsitz hat. Der Ortsarmenverband hat
außerdem eine vorläufige Unterstützungspflicht mit oder ohne Rück-
griff an den endgültig verpflichteten Verband.
Der Unterstützungswohnsitz hat mit dem privatrechtlichen
Wohnsitze (Domizil) nichts zu tun, sondern bedeutet die armen-
rechtliche Zugehörigkeit. Er wird erworben durch Geburt, für die
Frau durch Heirat und durch einjährigen bewußten und gewollten
Aufenthalte an einem Orte nach Zurücklegung des 16. Lebens-
jahres. Personen, die selbst oder in ihren Familienangehörigen
beim Zuzuge bereits unterstützungsbedürftig sind, können zurück-
gewiesen und an den Ort ihres Unterstützungswohnsitzes gebracht
werden. Der Unterstützungswohnsitz geht verloren für weibliche
Personen durch Heirat mit einem Manne, der ihren Unterstützungs-
wohnsitz nicht hat, und im übrigen durch einjährige bewußte und
gewollte Abwesenheit von dem Orte des bisherigen Unterstützungs-
wohnsitzes nach vollendetem 16. Lebensjahre. Es kann hiernach
Personen geben, die überhaupt keinen Unterstützungswohnsitz haben,
so z. B. wenn jemand ein Jahr von seinem bisherigen Unter-
stützungswohnsitze abwesend war, ohne einen neuen erworben zu
haben, oder wenn eine Frau einen Mann ohne Unterstützungs-
wohnsitz heiratet, ebenso die aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder.
Solche Personen ohne Unterstützungswohnsitz heißen landarm.
Die Armenpflege ist kein subjektives Recht der Hilfsbedürftigen
gegenüber dem Armenverbande, wohl aber eine öffentliche Ver-
pflichtung des Armenverbandes gegenüber dem Staate.
Jeder Hilfsbedürftige ist grundsätzlich zu unterstützen von dem
Ortsarmenverbande seines Unterstützungswohnsitzes. Doch hat vor-
läufig jeder Ortsarmenverband, in dem die Hilfsbedürftigkeit hervor-
tritt, die Unterstützungspflicht vorbehaltlich des Rückgriffs gegen den
endgültig Verpflichteten. Nur bei Personen, die auf länger als
eine Woche gegen Lohn oder Gehalt in einem Dienst= oder Arbeits-
verhältnisse stehen, und deren Angehörigen, sowie bei Lehrlingen
fällt der Erstattungsanspruch für die ersten 26 Wochen fort.
Die Ortsarmenpflege ist kommunale Last der Gemeinde, der
Bornhak, Grundriß des Verwaltungsrechts. 3. Aufl. 9