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eine planmäßige Kolonisation in Angriff genommen wurde, be—
durfte es auch hierzu eines besonderen Organes. Dafür besteht die
Ansiedlungskommission in Posen. Ihre Aufgabe ist es, aus dem
sog. Hundertmillionenfonds, der später wesentlich verstärkt wurde,
geeignete Grundstücke anzukaufen, mit deutschen Ansiedlern zu be—
setzen und, da die Besetzung wesentlich in der neuen Form des
Rentengutes erfolgt, auch die Renten einzuziehen und weiter zu ver-
wenden. Die Ansiedlungskommission steht nicht unter dem Landwirt-
schaftsminister, sondern unmittelbar unter dem Staatsministerium.
§ 33. Das Gewerberecht.
Den Ausgangspunkt des deutschen Gewerberechts bilden die
Zünfte, die aus den hofrechtlichen Innungen unfreier Handwerker
und den freien Zünften im Kampfe gegen Grundherren und Ge-
schlechter zusammengewachsen waren zu der neuen Berufsgenossen-
schaft der Zunft. Anfangs ein Schutz der freien erwerbenden Arbeit
gegen wirtschaftliche übermacht, werden die Zünfte sehr bald ein
Schutz der durch Privilegien geschützten Zunftmeister gegen das
Eindringen neuer Elemente und gegen die unselbständigen Arbeiter.
Damit beginnt die endlose Geschichte der Zunftmißbräuche. Die
gleiche Stellung nehmen für die Kaufleute die Gilden ein.
Der Polizeistaat, ausgehend von dem Gedanken, daß das
Zunftrecht auf dem vom Staate verliehenen Privilegium beruhe,
betrachtet jede gewerbliche Berechtigung als vom Staate abgeleitet
und gelangt damit zu einem allgemeinen Konzessionssysteme. Das
bietet die Möglichkeit, die Ausübung des Privilegiums durch die
Zunftmeister zu kontrollieren und die Zunftmißbräuche abzustellen,
aber auch außerhalb der Zunft einige Freimeister und größere
fabrikmäßige Unternehmungen zu konzessionieren. Eine Kodifikation
dieses polizeistaatlichen Gewerberechts findet sich im ALR. II, 8.
In der französischen Revolution ging man in Frankreich
unter Beseitigung der Zünfte zur Gewerbefreiheit über. Diesem
Beispiele folgten verschiedene Rheinbundstaaten, so Westfalen und
Berg. Auch Preußen enischloß sich seit dem Gewerbesteueredikte
von 1810 zur Einführung der Gewerbefreiheit. Dech nach 1815
kam es auch wieder in den Besitz von Gebieten, in denen Zunft-