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sichtsbehörde eingesetzte Reichseisenbahnamt, das in gewissen Fällen
durch richterliche Mitglieder verstärkt werden soll, bisher nur eine
geringe Bedeutung gewonnen. Im Einzelstaate fällt bei den Staats-
bahnen die innere Verwaltung mit der fiskalischen zusammen. Die
Aufsicht über die Privatbahnen führt das Ministerium der öffent-
lichen Arbeiten durch Eisenbahnkommissariate. Die Handhabung
der Eisenbahnpolizei kann auch den Angestellten der Privatbahnen
übertragen werden. ·
Für die neuerdings besonders entwickelten Kleinbahnen sind
durch das Gesetz vom 28. Juli 1892 vereinfachte Rechtsformen
geschaffen. Die Genehmigung steht bei mit Maschinenkraft be-
triebenen Bahnen und solchen, die Kunststraßen oder mehrere Kreise
berühren, dem Regierungspräsidenten, sonst den Ortspolizeibehörden
oder den Landräten innerhalb ihrer Bezirke zu. Auch müssen die
Wegeeigentümer die Benutzung ihrer Wege gestatten. Die Eröffnung
ist an eine besondere Erlaubnis nach Prüfung der Betriebssicher-
heit geknüpft.
Kap. II. Gebiet der Finanzen.
§ 35. Geschichte des Finanzwesens.
Der deutsche Patrimonialstaat ruht finanziell auf dem Kammer-
gute der landesherrlichen Familie und den vom Reiche verliehenen
Regalien. Ein Besteuerungsrecht lag in der deutschen Landes-
obrigkeit nicht enthalten. Die auf Ansuchen von den Ständen auf
eine gewisse Zeit bewilligten Steuern hatten nur eine subsidiäre
Bedeutung. Und auch als die Steuern dauernd nicht mehr entbehrt
werden konnten, bewilligten die Stände im 16. Jahrhundert die
Steuern nur für eigene ständische Kassen zur Abtragung der über-
nommenen Landesschulden, womit die Doppelbildung der landes-
herrlichen und ständischen Finanzverwaltung entstand.
Erst als mit dem dreißigjährigen Kriege die Bedürfnisse des
stehenden Heeres den Ubergang von der Naturalwirtschaft zur Geld-
wirtschaft erforderten, wurden die Steuern, nunmehr von den
Ständen ein für allemal bewilligt, eine ordentliche Einnahmequelle
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