Full text: Grundriß des Verwaltungsrechts in Preußen und dem Deutschen Reiche.

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Auf dem Gebiete der Finanzen war der Versuch einer all- 
gemeinen Durchführung der Abtzise gescheitert. Die Finanzreform 
wird nunmehr weitergeführt auf dem Unterbau der ständischen 
Gesellschaft und zwar in dreifacher Richtung. Der bisher steuer- 
freie Rittergutsbesitz wird seit 1717 durch die Lehnsallodifikation 
in den östlichen Provinzen wieder der Stenerpflicht unterworfen 
und muß statt jedes Lehnspferdes, von dem man keinen Gebrauch 
mehr machen konnte, eine Grundsteuer, das Lehnpferdegeld, meist 
40 Thlr. jährlich, zahlen. Die staatliche Akzise wird seit 1714 
unter heftigstem Widerstande der Magistrate auch in Westfalen 
eingeführt. Endlich erfolgt in derselben Zeit ohne Befragung der 
Stände die Verwandlung der bäuerlichen Kontribution aus Matrikular- 
beiträgen der einzelnen ständischen Gebiete in gesetzlich feststehende 
Grundstenern, verschieden für die einzelnen Provinzen, in Branden- 
burg sogar für die einzelnen Kreise. Der adlige Rittergutsbesitzer 
zahlt am wenigsten, der Bauer am meisten, der Bürger steht in 
der Mitte. Die Begründung der Generalrechenkammer als Kontroll- 
behörde (1714) schließt die Finanzreform ab. 
Bei Einführung der Akzise in Kleve-Mark hatten sich die 
schwersten Mißstände der städtischen Verwaltung ergeben. Hier 
knüpft das Eingreifen in die ständische Ortsverwaltung an. Außer- 
ordentliche Kommissionen in den einzelnen Provinzen gestalten 
die städtischen Verfassungen um. Die Vettern= und Cliquenwirt= 
schaften, welche die Bevölkerungen ausgebentet hatten, hören auf. 
Die Städte verlieren alle Selbstverwaltung, die Magistrate sind 
nur noch die ausführenden Organe des höheren staatlichen Willens 
und des gefürchteten Kontrollorgans, des Commissarius loci 
oder Steuerrats. Gleicherweise treten auf dem flachen Lande 
die Ortsobrigkeiten unter die Aufsicht des Landrats, indem die 
Kreisverfassung auf Halberstadt und das Mindensche Kammer- 
departement ausgedehnt wird. In diesem Rahmen entwickelt nun 
der Staat die eingehendste Fürsorge für die Bevölkerung, in den 
Städten für Handel und Gewerbe, auf dem Lande durch Schutz 
des Bauernstandes und des Bauernlandes, doch alles nicht um 
des einzelnen willen, sondern zur Hebung der Einnahmen des 
Staates.
	        
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