— 201 —
wechselseitige Willensübereinstimmung der Vertragschließenden unter
diesen subjektive Rechte und Verbindlichkeiten. Von andern Ver-
trägen unterscheiden sie sich dadurch, daß die vertragschließenden
Personen Staaten sind, Staatsverträge also auf völkerrechtlicher
Grundlage ruhen. Durch den Staatsvertrag werden kraft Willens-
übereinstimmung der vertragschließenden Staaten unter diesen
Rechte und Verbindlichkeiten begründet. Eine staatsrechtliche Be-
deutung hat der Staatsvertrag an sich gar nicht. Insbesondere
werden die Untertanen der vertragschließenden Staaten durch ihn
rechtlich nicht berührt. Denn für die Untertanen wirken ver-
flichtend nur die Anordnungen ihrer Staatsgewalt.
Wohl aber kann die Erfüllung des Vertrages es für den
Staat notwendig machen, entsprechende Anordnungen an seine
Untertanen zu erlassen. Für solche Anordnungen ist der Vertrag
staatsrechtlich nur Beweggrund, die Anordnung allein wirkt staats-
rechtlich verpflichtend.
Schwierigkeiten entstehen nur in dem Falle, daß der Erlaß
der Anordnung zur Erfüllung des Vertrages in das Gebiet der
Gesetzgebung fällt.
Unter der absoluten Monarchie gestaltete sich das Verhältnis
höchst einfach. Der Monarch schloß, als die völkerrechtliche Ver-
körperung seiner Staatsgewalt, die Verträge. Er war aber auch.
nach innen absoluter Gesetzgeber. Machte also die Erfüllung des.
Vertrages Gesetze notwendig, so wurde einfach der Vertrag in der
Gesetzsammlung abgedruckt. Das hieß, die Untertanen sollten sich
nach dem Inhalte des Vertrages als an sie ergangenen Gesetzen
ihrer Staatsgewalt richten. Freilich entstand daraus die ver-
wirrende Anschauung, als ob der Vertrag für die Untertanen ver-
pflichtend wäre.
In einem konstitutionellen Staatswesen mußte in diesem
Falle den gesetzgebenden Körperschaften eine entsprechende Vorlage-
gemacht werden, für die der Staatsvertrag lediglich die Bedeutung
einer Begründung hat.
Demgemäß verfährt man in England. Der König schließt.
die völkerrechtlichen Verträge ab. Macht aber ihre Ausführung,
Maßnahmen der Gesetzgebung erforderlich, so# wird dem Parlamente