im Justizministerium. In den letzten zwanzig Jahren versuchte
das Kabinett in sich die Einheit der obersten Verwaltung herzu-
stellen, führte aber dadurch nur neue Reibungen mit den Mini—
sterien herbei. Während ferner die Haupterwerbungen Friedrichs
des Großen, Schlesien und Westpreußen, ein Menschenalter aus-
einanderlagen, wurden durch das unheimliche Wachstum des Staa-
tes, namentlich durch Polen, die ehemals bischöflichen Lande, der
desorganisierten Büreaukratie unerfüllbare Aufgaben gestellt.
§ 4. Die Zeit der Reformen und der Revolution (—1848).
Die schwache soziale Grundlage und die Desorganisation der
Verwaltung hatte die Katastrophe von 1806 und 1807 zur Folge.
Um die Reform des Staates an Haupt und Gliedern durchzu-
führen, wurde Stein berufen, der, schon vorher als Minister des
Generaldirektoriums tätig, seine Gedanken über die Reform in der
Nassauer Denkschrift vom Juni 1807 niedergelegt hatte im Sinne
einer Verwaltungsreform durch Heranziehung der Staatsange-
hörigen im persönlichen Dienste von Gemeinde und Staat und
schließlich der Bildung einer Nationalrepräsentation. Es war das
Programm umfassendster Selbstverwaltung.
Die erste Voraussetzung dafür war die Beseitigung der stän-
dischen Gliederung der Gesellschaft. Einen Entwurf dafür, vom
ostpreußischen Provinzialdepartement vorbereitet, fand Stein bei
seiner Ankunft in Königsberg für die Lande östlich der Weichsel
bereits vor. Sein Verdienst war es, daß die Maßregel sofort auf
den ganzen Staat ausgedehnt wurde. Es ist das Edikt vom
9. Oktober 1807 über den erleichterten Gebrauch des Grund-
eigentums. Es enthält zweierlei, besondere Bestimmungen über
den Grundbesitz und die Beseitigung der ständischen Gliederung
der Gesellschaft. Auch der Adlige kann künftig Handel und Ge-
werbe betreiben, auch der nicht Adlige kann Rittergüter erwer-
ben, die persönliche Unfreiheit des erbuntertänigen Bauernstandes
hört auf.
Es folgt die Städteordnung vom 19. November 1808, durch
die die aufstrebenden Mittelklassen wieder in den Dienst von Ge-