Full text: Grundriß des Verwaltungsrechts in Preußen und dem Deutschen Reiche.

Abteilung I. Allgemeine Lehren. 
§ 6. Begriff des Verwaltungsrechts. 
Auf vernichteten Rechten der ständischen Ordnung hatte die 
absolute Monarchie ihren Siaatsbau aufgeführt. Das ganze öffent- 
liche Recht hatte sich aufgelöst in das Hausrecht der regierenden 
Familie und eine Verwaltungsordnung, die zuerst versuchsweise in 
Reglements und Instruktionen sich bildete und allmählich eine festere 
Gestalt annahm. Eine eigentliche Rechtsordnung auf dem Gebiete 
der Verwaltung bestand aber doch nur vereinzelt, so im Fiskalrechte 
und im Schutze des wohlerworbenen Rechts. Doch schon das preu- 
Kische Allgemeine Landrecht von 1794 kodifizierte erhebliche Teile des 
Verwaltungsrechts. Im übrigen richtete sich die Verwaltung nicht 
nach Rechtsgrundsätzen, sondern nach Zweckmäßigkeiten und Rück- 
sichten. Die wissenschaftlichen Grundsätze der Verwaltung waren 
niedergelegt in der Polizei= und Kameralwissenschaft, die jedoch 
nicht juristische, sondern nationalökonomische Fächer waren. 
Die konstitutionelle Bewegungrichtete sich nur auf den glänzenden 
Oberbau des Parlamentarismus. Das englische Verfassungsrecht 
wurde auf dem Umwege über Frankreich, zum Teil im Anschlusse 
an altständische Einrichtungen rezipiert, und dieser Oberbau unver- 
mittelt aufgesetzt auf die aus der absoluten Monarchie überkommene 
Verwaltung. Auch einen Schutz des einzelnen gegenüber der Ver- 
waltung suchte man in verfassungsrechtlicher Form, wenn auch höchst 
notdürftig, herzustellen durch die Grundrechte. 
Sehr bald nach der Rezeption des konstitutionellen Staats- 
rechts fand man sich aber allgemein enttäuscht, da die absolutistische
	        
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