Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

132 Das Verfassungsrecht. g 22 
Die allgemeine Rechtsstellung des Königs richtet sich daher in 
Ermangelung besonderer Bestimmungen der Verfassungsurkunde nach 
dem vor ihrem Erlasse geltenden Rechte, wie es in dem A. L.-R. 
II, 13 kodifiziert ist. Nach § 1 a. a. O. vereinigen sich alle Rechte 
und Pflichten des Staates gegen seine Bürger und Schutzverwandten 
in dem Oberhaupte desselben. Alle Rechte des Staates sind also 
Nechte des Königs, alle Pflichten des Staates Pflichten des Königs. 
Ob man sich dabei den König als Träger der Staatsrechte und Pflichten 
für eine von ihm verschiedene abstrakte Staatspersönlichkeit vorstellt, 
bleibt Sache des persönlichen Geschmacks. Selbst wenn das A. L.= R. dies 
ausspräche, handelte es sich um theorelische Betrachtungen des Gesetz- 
gebers, also um unverbindlichen Gesetzesinhalt. Der Wortlaut des Ge- 
setzes lätßt freien Spielraum. Was sich der Verfasser gedacht hat, 
ist gleichgültig. Angesichts des Gesetzbuches führen beide Auffassungen 
zu demselben praktischen Ergebnissen). Jedenfalls sind nach preußischem 
Staatsrechte alle staatlichen Rechte im Monarchen vereinigt. Wenn 
jemand alle Rechte und Pflichten einer Person in sich vereinigt, so 
geht er eben in dieser Persönlichkeit restlos auf. Nicht jedoch der 
König als von allen rechtlichen Beziehungen losgelöste Einzelperson 
verkörpert in sich die Staalspersönlichkeit, daso A. L.-R. II, 13 8 1. 
fügt in demselben Satze bereits die Beschränkung hinzu: soweit er 
Rechte und Pflichten, d. h. solche staatsrechtlicher Natur gegenüber 
den Bürgern, worunter die Angehörigen des Staates zu verstehen 
sind, und den Schutzverwandten, den Fremden, hat, ist die Staats- 
gewalt im Könige vereinigt. Wie der Staat die sonveräne Herrschaft 
über Land und Leute darstellt, so ist der König als sonveräner 
Herrscher über Land und Leute die Verkörperung des Staates. 
Gerade deshalb weil der König nur in seinen Beziehungen über 
Land und Leute die Staatspersönlichkeit in sich vereinigt, kann man 
ihn aber auch als das Staatsoberhaupt bezeichnen, wie man Haußt 
und Scele als wichtigste Teile des einzelnen Menschen diesem selbst 
gleichstellt. Mag sich der Versasser des Landrechtes im Sinne des 
Wolssschen Vertragsslaates und der Volkssonveränetät die Sache anders 
gedacht haben, den König als Haupt des durch Vertrag zum Staate 
konstitnierten VBolkes, so kann diese — nicht einmal im Gesetze aus- 
gesprochene — überwundene wissenschaftliche Auffassung des Natur- 
3) Vgl. § 10.
	        
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