Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

d 28 Formelle Regierung, insbesond. Ministerverantwortlichkeit. 143 
Sie greift zunächst nur Platz für Regierungsakte, dispositive Akte 
der im Könige verkörperten Staatsgewalt. Sonstige Meinungsäuße- 
rungen des Monarchen mögen politisch bedeutsam sein. Es wird L 
einer Frage der politischen Ministerverantwortlichkeit, inwieweit der 
Ninister mit diesen Aeußerungen übereinstimmen kann, die rechtliche 
inisterverantwortlichkeit kommt nicht in Frage. So werden her— 
imlich Proklamationen „An Mein Volk“ nicht gegengezeichnet. 
kön 
Der Regierungsakt muß sich an die Staatsangehörigen oder 
ohner im allgemeinen richten. Innerhalb des Verwaltungs- 
organismus bleibende Anordnungen sind davon befreit. Da der König 
wirklich regiert, kann er z. B. schriftliche Anweisungen an einen 
Minister richten, die selbstverständlich nicht im voraus gegengezeichnet 
sein können. Auch die nachträgliche Veröffentlichung einer solchen An- 
weisung ändert an ihrem Charakter nichtstl). 
Als ausgenommen gelten ferner Akte der Kommandogewalt, da 
die Gegenzeichnung im Widerspruche stehen würde mit dem Wesen 
des militärischen Kommandos. Gestützt wird die Ausnahme darauf, 
aß Art. 46 der Verfassungsurkunde dem Könige ausdrücklich den Ober- 
befehl über das Heer beilegtun). 
Endlich unterliegen Akte des landesherrlichen Kirchenregiments, 
ei denen der König als Haupt einer vom Staate verschiedenen Rechts- 
gemeinschaft handelt, nicht der Ministerverantwortlichkeit, sondern 
urchenrechtlichen Erfordernissen. 
Die Verantwortlichkeit der Minister ist aber über die Recht- 
sphäre hinaus auch eine politische für die Zweckmäßigkeit der von ihnen 
gegengezeichneten Regierungsakte, die politische Haltung des Monarchen, 
die Gesamtpolitik des Staatsministeriums und die Verwaltung ihres 
eigenen Ressorts. Der Minister hat diese Politik dem Landtage gegen- 
über zu vertreten. Zwar hat der Landtag nicht wie in parlamentarischen 
die Möglichkeit, durch eine dem Minister ungünstige Abstimmung seine 
Entlassung zu erzwingen. Ebensowenig kann ihm beim Etat sein 
Gehalt als eine rechtlich notwendige Ausgabe verweigert werden. Aber 
bei der Etatsberatung, gelegentlich von Interpellationen und ander- 
weitig steht der Minister dem Landtage Rede und Antwort, und er 
Einw 
hier 
en )Val. z. V. Schreiben des Königs an den Justizminister an- 
läßlich der Lex Heinze. 
12) Vgl. die weitere Ausführung in § 70.
	        
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