§ 24 Ministerverantwortlichkeit des gegenwärtigen Rechtes. 145
Ministeranklage durch die Volksvertretung hat daher das gewöhnliche
Strafverfahren vor den ordentlichen Gerichten einherzugehens). Die
übrigen, insbesondere die deutschen Verfassungsurkunden schwanken
zwischen dem strafrechtlichen und dem disziplinaren Charakter der
Ministeranklage.
In Preußen ist jedoch anzunehmen, daß die durch die Volks-
vertretung geltend zu machende Ministerverantwortlichkeit strafrecht-
licher Natur ist. Es ergibt sich dies zunächst aus dem Art. 61 der
Verfassungsurkunde, wo es heißt: „Die Minister können durch Beschluß
eines der beiden Häuser des Landtages wegen des Verbrechens
der Verfassungsverletzung, der Bestechung und des Verrats angeklagt
werden. Ueber solche Anklage entscheidet der oberste Gerichtshof der
Monarchie in vereinigten Senaten. Solange noch zwei oberste Ge-
richtshöfe bestehen, treten dieselben zu obigem Zwecke zusammen. Die
näheren Bestimmungen über die Fälle der Verantwortlichkeit, über
das Verfahren und über die Strafe n werden einem besonderen Gesetze
vorbehalten.“ Bestechung und Verrat sind, wie keiner weiteren Aus-
führung bedarf, stets kriminell strafbare Handlungen. Zweifelhaft
könnte man bei der Verfassungsverletzung sein. Eine solche kann ohne
böse Absicht schuldhafter Weise, z. B. durch Außerachtlassung rein in-
struktioneller Vorschriften der Verfassungsurkunde begangen werden.
In solchen Fällen wäre zwar nicht eine kriminelle, wohl aber eine
disziplinare Ahndung denkbar. Daß solche Fälle der Gesetzgeber nicht
im Auge hatte, geht jedoch daraus hervor, daß er von einem Ver-
brechen der Verfassungsverletzung spricht. Es sollen also nicht kleine
unbedeutende Verschuldungen, sondern nur Verbrechen verfolgt werden.
Verbrechen sind nun, soweit sie von Beamten begangen werden,
jederzeit kriminell und disziplinar verfolgbar. Wäre die durch Anklage
der Kammern geltend zu machende Verantwortlichkeit der Minister
für die genannten Verbrechen eine nur disziplinare, während das
ordentliche Strafverfahren den Gerichten überlassen bliebe, so könnte
es für diese Verbrechen nicht verschiedene Strafen, sondern wie nach
der nordamerikanischen Verfassung nur eine einzige Strafe, die Dienst-
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Ltes enthoben werden, wenn sie auf ein Impeachment hin des Hoch-
nerrats, der Bestechung und anderer schwerer Verbrechen und Vergehen
berführt worden sind.“
5) Dies bestimmt ausdrücklich Art. I, Sekt. 3 87 der Bundesver-
fassung. Vgl. im übrigen über das nordamertkanische System der Mi-
VBornban, preußzsches Staaterecht. I. 2. Rull. 10