Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

152 Das Verfassungsrecht. 8 25 
sichtspunkt zurückführen. Es bleibt daher nur deren Aufzählung 
übrig. Die einzelnen Ehrenrechte sind folgende: 
1. Die königliche Titulatur. In der Anrede und, wenn von 
ihnen in der dritten Person gesprochen wird, führen die preußischen 
Könige schon seit Annahme der Königswürde den Titel „Majestät“. 
Dies entspricht dem allgemeinen europäischen Herkommen, welches seit 
dem 17. Jahrhundert den anfangs nur von dem römischen Kaiser 
deutscher Nation als dem Vertreter der Majestas populi Romani ge— 
führten Majestätstitel allen Königen der europäischen Völkerfamilie 
beilegt. In der dritten Person wird vom Könige mit der Bezeichnung 
„Allerhöchst“ gesprochen, er selbst redet in amtlichen Erlassen von 
sich in der Mehrzahl und im Eingange seiner Erlasse mit dem Zu- 
satze: „Von Gottes Gnaden“, wodurch dem Hauptgrundsatze des preußi- 
schen Staatsrechtes, dem göttlichen Rechte des Königlums, ein äußerer 
Ausdruck gegeben wirde). 
Insbesondere führt aber der König den königlichen Titel von 
seinem Lande. Da Preußen ein Einheitsstaat mit dem Range eines 
Königreiches ist, so würde der dem gegenwärtigen Staatsrechte ent- 
sprechende Titel der eines Königs von Preußen seins). Von einer 
früheren staatlichen Entwicklungsperiode her, nämlich aus der Zeit, 
als die Landesleile der heutigen preußischen Monarchie noch nicht 
zu einem Einheitsstaate verschmolzen waren, führt aber der preußische 
König noch den Titel der einst selbständigen Gebiete. Ja, es sind 
2) Vgl. über die wechselnde Bedentung des Prädikats Blunt- 
schli, Lehre vom modernen Staate, 6. Aufl., Bd. 1, S. 332 ff.; Dr. 
J. C. H., Das Königtum von Gottes Gnaden in Aegidis Zeitschrift 
für deutsches Staatsrecht, Bd. 1, S. 172; Daniel, Die Kurialienformel 
Von Gottes Gnaden, Berlin 1902. Staatsrechtlich kann das göttliche 
Recht des Königtums keinen religiösen, sondern unur einen juristischen 
Inhalt haben, es bedeutet die Nichtableitung von jeder höheren irdi- 
schen Gewalt. Es war eine Verirrung der Stahlschen Rechtsphilo- 
sophie, diesem göttlichen Rechte des Königtums auch einen inhstischen 
positiven Juhalt geben und es mit der Religion in Verbindung setzen 
zu wollen. Aus religiösen Dogmen lassen sich nur religiöse, niemals 
aber staatsrechtliche Grundsätze ableiten. Dagegen bezieht sich die Formel 
nicht nur, wie Dauiel a. a. O. will, auf die Person, sondern auf die 
Institution. 
3) Der Titel „König in Preußen“, den die prensischen Könige bis 
1744 führten, wurde deshalb angenommen, weil sie nicht ganz Preußen be- 
herrschten, Westpreußen vielmehr eine polnische Provinz war.
	        
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