Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

§ 27 Entwicklung des Thronfolgerechtes. 163 
tum noch ein reines Reichsamt war, konnte die Erblichkeit des Amtes, 
wenn auch vielfach tatsächlich hergebracht, doch nie anerkanntes Recht 
werden. Erst als die Amtsgewalten mit dem fürstlichen Grundbesitze 
u einem einheitlichen Besitze verschmolzen und dadurch einen privat- 
rechtlichen Charakter gewannen, fand auch die Erblichkeit der Landes- 
hoheit unbedingte Anerkennung. Ein privatrechtlicher Familienbesitz 
konnte aber nur nach privatrechtlichen Grundsätzen vererbt werden. 
So entstanden, seitdem durch den Verfall der Reichsgewalt das Wesen 
der Landeshoheit verändert war, von der Mitte des 13. Jahrhunderts 
bis ties in die neuere Zeit hinein die zahllosen Teilungen der deutschen 
Fürstentümer. Wie ein ererbtes Familiengut mit seinen Hintersassen, 
so wurden Land und Leute unter mehrere Söhne eines verstorbenen 
Fürsten geteilt und wieder geteilt, so daß sich schließlich einige kleinere 
Reichsgebiete durch fortgesetzte Teilungen vollständig auflösten. 
Erst nach einigen Jahrhunderten sortgesetzter Teilungen begannen 
bei mehreren Fürstenhäusern sich Spuren der Umkehr zu zeigen. Es 
war jedoch noch nicht das staatliche Einheitsprinzip, welches sich geltend 
machte. Wie die Teilungen begonnen waren im Privatinteresse der 
fürstlichen Familien, um jedem Familiengliede eine möglichst standes- 
gemäße Versorgung zu sichern, so wurden die Teilungen jetzt im 
Familieninteresse beschränkt. Die landesherrlichen Familien hatten die 
Erfahrung gemacht, daß die fortgesetzten Teilungen den Glanz und 
den Einfluß derjenigen Familien untergruben, deren Mitglieder über 
ein zersplittertes Gebiet herrschten, daß dagegen die Familien, bei 
denen die Teilungen zufällig infolge der geringeren Anzahl der Fa- 
milienglieder möglichst vermieden waren, an Macht stetig zunahmen. 
Nachdem schon die Goldene Bulle von 1356 die Unteilbarkeit der 
Kurlande reichsgesetzlich ausgesprochen hatte, beginnen in der zweiten 
Hälfte des 15. Jahrhunderts die Bemühungen einzelner Familien, 
die Einheit des Gebietes unter einem einzigen Landesherren herzu- 
stellen und zu erhalten. 
Aufsatz von H. Schulze, Geschichtliche Entwicklung der fürstlichen Haus- 
verfassung im deutschen Mittelalter in der Zeitschrift für Rechtsgeschichte, 
Vd. 7, S. 323 ff., von Gerber, Ueber die Teilbarkeit der deutschen 
Staatsgebiete in Aegidis Zeitschrift für deutsches St.-R., Bd. 1, S. 5 ff., 
und von Held, Ueber die geschichtliche Entwicklung des deutschen 
Thronfolgerechtes ebenda, S. 40 ff. 
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