Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

164 Das Verfassungsrecht. 827 
Diesem privatrechtlichen Ausgangspunkte der Einzelerbfolge ent- 
spricht es, daß sie zuerst durch privatrechtliche Rechtshandlungen 
sestgesetzt wurde. Es sind Testamente und Erbverträge, welche die 
Landesteilung verbieten und slatt ihrer die Nachfolge des Aeltesten 
und die Ausstattung der Nachgeborenen anordnen. Die privatrechtliche 
Anschauung wirkte noch nach, als die Notwendigkeit der Staatseinheit 
auch vom staatsrechtlichen Gesichtspunkte längst anerkaunt war. In- 
dem Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1713 die Unveränßerlichkeit und 
Unteilbarleit des Staatsgebietes und der Domänen von neuem fest- 
setzte, tat er dies noch in der privatrechtlichen Form, daß er das 
Staatsgebiet mit einem Fideilommisse belegte. Der besondere slaats- 
rechtliche Charakter der Thronfolge ist in formeller und materieller 
Beziehung eigentlich erst mit Erlaß der Versassungsurkunde zu un- 
eingeschränkter Geltung gelangt. 
In Brandenburg ist die Unteilbarkeit und Einzelerbfolge, welche 
die Goldene Bulle schon für die Kurlande eingeführt hatte, früher 
als in anderen Gebieten allgemein angeordnet worden durch die 
Achillea von 14732). Abgesehen von den hier nicht weiter inter- 
essierenden Bestimmungen über die fränkischen Fürstentümer ist dieses 
Hausgesetz noch heute in Geltung. Trotz einmaliger Zuwiderhandlung 
gegen den darin ausgesprochenen Grundsatz der Untleilbarkeit nach 
dem Tode Joachims I. und eines Versuchs der Durchbrechung durch 
Johann Georg greisen alle späleren Hausgesetze auf die Achillea zu- 
rück und bestäligen sie. Kein späteres Hausgesetz hat die Unteilbarkeit 
der brandenburgischen Lande angetastet. Sie haben sie entweder be- 
stätigt, wie der Geraer Hausverlrag von 1603 und das Edikt König 
Friedrich Wilhelms I. von 1713, letzteres unter Ausdehnung auf die 
neu hinzu erworbenen Besitzungen, oder den Grundsatz der Unteil- 
barkeit erweitert, wie das lractum gentilicium ct successorium von 1695 
und 1707 durch die Ausdehnung auf die schwäbischen und das Dactum 
Friclerichamm von 1752 durch die Ausdehnung auf die fränlischen 
Besitzungen der Hohenzollern. 
Den Ausgangspunkt der Hauogesetzgebung bildet die Unleilbar- 
keit des Gebietes im Interesse des Glanzes des fürstlichen Hauses. 
Hieraus ergibt sich aber die Notwendigkeit weiterer Grundsätze für die 
Staatserbsolge. Ist das Gebiet unteilbar, so muß auch eine von 
2) Vgl. 8 14.
	        
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