Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

166 Das Verfassungsrecht. 527 
erworben habe, darüber solle er auch nach Gutdünken verfügen dürsen. 
Auch dieser letztere Vorbehalt wurde beseitigt durch das Hausgesetz 
Friedrich Wilhelms I. vom 13. August 1713, welches jegliche Ver- 
äußerungen untersagte ohne Rücksicht darauf, ob es sich um ererbtes 
oder selbst erworbenes Gebiet handelte. 
So hatte die Antonomie der fürstlichen Familien zum Teil noch 
unter der Herrschaft der patrimonialen Staatsanschanungen in ihrem 
Familieninteresse den Grundsatz der Unteilbarkeil des Staatsgebietes 
und, um die Durchführung zu sichern, den Grunosatz der 
Erbordnung nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen 
Lincalfolge, sowie den Grundsatz der Unveränßerlichleit des Staats- 
gebietes zur Anerkennung gebracht. Der Ausgangspunkt war zwar 
sozial und privatrechtlich, es sollle das fürstliche Familieninteresse, 
welches unter den fortgesetzten Teilungen litt, geschützt werden"). Trotz# 
dem war diese privatrechtliche Hausgesetzgebung ihres Inhalts wegen 
die Voraussetzung jeder staatlichen Entwicklung. Einst unbedentende 
Häuser sind durch ihre Hausgesetzgebung zu Macht und Ansehen ge- 
langt, andere, die in früheren Jahrhunderten an der Spitze der 
deutschen Entwicllung standen, durch die fortgesetzten Teilungen in die 
Ohnmacht der Kleinstaaterei versunken. Lange nachdem die moderne 
Staatsidee über den mittelalterlichen Patrimonialstaat den Sieg davon- 
getragen, konnte daher die auf dem Boden des letzteren erwachsene 
Thronfolgeordnung in Krast bleiben, und selbst in neuester Zeit hat 
die preußische Verfassungsurkunde nicht für nölig befunden, die Be- 
stimmungen der Hausgesetze über die Thronfolge abzuändern. Sie macht 
die Hausgesetze vielmehr durch Bezugnahme auf sie zu integrierenden 
Bestandteilen der Versassungsurkunde, indem NArl. 53 besagt: „Die 
Krone ist, den königlichen Hausgesetzen gemäß, erblich in dem Mannes# 
stamme des königlichen Hauses nach dem Rechte der Erstgeburt und 
der agnatischen Linealfolge.“ 
4) Vgl. J. J. Moser, Familienstaatsrecht, Bd. l, 5. 025 ff.; 
„Man sehe alle oben häufsig angeführte Primogenitur-Dispositionen, und 
die darin enthaltenen Bewegursachen an: so reduceirt sich alles auf 
einen einigen sinem, nemlich das Lustre des Hauses. Weil aber dieser 
Zweck nicht erhalten werden lann, ohne die Lande zusammenzuhallen, so 
berdienet man sich dessen freilich, aber nur als eines Hülsso Mittelo, 
zu besagtem, einigem Zweck zu gelangen; wenn also jener zweck weg- 
fällt, so cessiret das Hülfss Mittel von selbsten.“
	        
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