Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

529 Das Thronfolgerecht. 179 
Rücksicht auf das Alter der Eheschließenden die Zustimmung des Königs 
als Familienchef zum Abschlusse der Ehe erteilt sein. 
Eine Ehe, bei der die Erfordernisse der Ebenbürtigkeit und des 
hausgesetzlichen Konsenses fehlen, kann privatrechtlich den Charakter 
der Ehe haben, die staatsrechtlichen Wirkungen der Ehe mangeln ihr 
vollständig, und dieser Mangel macht sich in einigen Beziehungen auch 
für das Privatrecht geltend. Die Gemahlin kann beim Fehlen dieser 
Erfordernisse nicht Rang und Titel ihres Gemahls teilen, die Kinder 
aus dieser Ehe treten nicht als Mitglieder in das königliche Haus 
ein, sie haben also keinerlei Thronfolgerecht. 
4. Abstammung vom Maunesstamme. Nach dem ge- 
meinen Lehnrechte konnten in die Lehen nur männliche Personen 
nachfolgen. Dieser Grundsatz beruht auf dem alten fränkischen Her- 
kommen, welches die Frauen von der Erbfolge in Grundeigentum aus- 
schließt"). Dementsprechend ist auch nach der Bestimmung der Ver- 
fassungsurkunde Art. 53 die Krone nur erblich im Mannesstamme des 
königlichen Hauses. Es sind daher nicht nur die Frauen selbst, sondern 
auch deren männliche Abkömmlinge von der Thronfolge ausgeschlossen. 
Einige deutsche Gebiete, wie Oesterreich und Braunschweig-Lüne- 
burg, waren zuzeiten des Reiches subsidiäre Weiberlehen, d. h. nach 
vollständigem Ausslerben des Mannesstammes waren die weiblichen 
Mitglieder des Hauses erbberechtigt, wobei freilich bestritten war, ob 
die Tochter des letzten Fürsten der zuletzt durch den Vorzug des 
Mannesstammes ausgeschlossenen sogenannten Regredienterbin vorzu- 
gehen habe. Auch verschiedene preußische Gebietsteile, namentlich 
solche, welche durch kognatische Verwandtschaft an das königliche Haus 
gelangt waren, wie die Lande der jülichschen und oranischen Erbschaft, 
galten als subsidiäre Weiberlehen. Das lactum kilericiamm von 
175210) wollte zwar, solange noch ein Mitglied der fränkischen Linie 
vorhanden war, die Unteilbarkeit des Staates aufrecht erhalten und 
die weibliche Erbfolge ausschließen. Dagegen wurde nach vollständi- 
gem Aussterben des brandenburgischen Hauses königlicher und mark- 
gräflich fränkischer Linie die subsidiäre kognatische Erbfolge für die 
betreffenden Gebiete ausdrücklich anerkannt. Gegenwärtig ist jedoch 
) Vgl. Lex Salica, herausgegeben von Behrend, Berlin 1874, 
Tit. 59, 8 5: „De terra vero in muliere hereditas non pertinebit, sed ad 
virilem sexum, qui fralres suerint tota terra pertineat." 
10) H. Schulze, Hausgesetze, Bd. 3, S. 749.
	        
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