Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

83 Der Patrimonialstaat (1415—1604). 11 
Ueberzeugung, daß die bisherige Finanzwirtschaft weiterhin nicht mehr 
möglich sei. Es fragte sich nur, ob das Reich oder seine einzelnen 
Teile zuerst zu einer Festigung ihrer Finanzen gelangten und damit 
die Fähigkeit gewannen, dem staatlichen Leben Deutschlands seine Rich- 
tung zu bestimmen. Das Reich machte 1427 auf dem Reichstage zu 
Frankfurt und dann nochmals siebzig Jahre später unter Maxi- 
milian I. den Versuch mit einer direkten Reichssteuer, dem Gemeinen 
Pfennig, der durch Reichsbehörden unmittelbar von den einzelnen 
Steuerpflichtigen eingezogen wurde. Infolge des allgemeinen Wider- 
standes der Landesherren wic ihrer Untertanen scheiterte aber dieser 
Versuch einer allgemeinen direkten Reichssteuer beide Male. Die ein- 
zelnen Landesherren, insbesondere Brandenburg, wählten dagegen die 
indirekte Besteuerung. Schon seit 1467 stand Albrecht Achill mit 
seinen Ständen wegen Bewilligung einer Bierziese in Unterhandlung. 
Aber erst 1488 bewilligten die brandenburgischen Stände nach langem 
Widerstreben zum erstenmal das Biergeld auf sieben Jahre. Infolge 
fortgesetzter Bewilligungen, seit 1513 auf Lebenszeit des Kurfürsten, 
wurde es aber schließlich zu einer dauernden Abgabe, welche von 
landesherrlichen Beamten unmittelbar für die landesherrlichen Kassen 
erhoben wurde und vor den alten Beden noch den Vorzug hatte, 
daß es nicht als feste Summe bewilligt war, sondern sich mit dem 
steigenden Wohlstande und dem dadurch sich vermehrenden Bierver- 
brauche stetig hob. 
Nachdem auf diese Weise die landesherrliche Macht wiederher- 
gestellt war, beginnt unter Joachim I. die wirkliche Arbeit zur 
Hebung des Wohles der Untertanen. Für die Sicherheit des Ver- 
kehrs wurde gesorgt wie nie vorher. Ueber Maß, Gewicht, städtische 
Verwaltung und dergleichen erließ der Kurfürst allgemeine Anord- 
nungen, ohne die Stände zu befragen. Endlich wurde auf dem 
Gebiete des Privatrechtes das ständische, für Stadt und Land ver- 
schiedene Recht, das sich im allgemeinen auf die Grundtypen des 
Magdeburger Stadtrechts und des Sachsenspiegels, jedoch unter 
mannigfachen örtlichen Abweichungen zurückführen ließ, durch das ge- 
meine römische und kanonische Recht ersetzt. Wie die ständische Glie- 
derung der Gesellschaft erwachsen war auf Grund des verschiedenen 
Privatrechts für Stadt und Land, der verschiedenen auf den Grund- 
fitz bezüglichen Privatrechtsnormen für Ritterschaft, Bürger und 
Bauern, so schien es, als ob mit dem einheitlichen Privatrechte auch
	        
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