186 Das Verfassungsrecht. 8 31
ein Thronfolgerecht zusteht. Ein solches haben unstreitig nicht die
Fürsten von Hohenzollern und die übrigen Mitglieder des fürstlichen
Hauses, da sie nicht vom ersten Erwerber der Mark Brandenburg
abstammen, während umgekehrt das preußische Königshaus zu den
Nachkommen des ersten Erwerbers der schwäbischen Gebiete gehört
und deshalb auf diese ein Nachfolgerecht besaß, welches 1849 ante—
eipiert wurde. Auch in den Suszessionsverträgen von 1695 und 1707
ist dem fürstlichen Hause Hohenzollern seitens des königlichen Hauses
nur ein vertragsmäßiges Erbrecht in einige fränkische Herrschaften zu-
gestanden worden, die gegenwärtig nicht mehr zum pPreußischen Staale
gehören. Es wurde daher bei den Landtagsverhandlungen über die
Einverleibung der Hohenzollernschen Fürstentümer in Preußen all-
seitig anerkannt, daß dem fürstlichen Hause Hohenzollern keinerlei
Thronfolgerecht in der prenßischen Monarchie zusteheo).
Ist das Alter mehrerer Thronfolgeberechtigten dadurch zweiselhaft,
daß sie Zwillinge sind, so muß, da hausgesetzliche Bestimmungen
nicht im Wege stehen, auch hier der für das öffentliche Recht weiter
geltende Grundsatz des A. L.-N. I, 1 §§ 14 16 Anwendung finden,
wonach in erster Linie die frühere Geburt und, wenn diese zweifelhaft
ist, das Los entscheidet. Sollle dagegen jemals beim Tode eines
Königs in Frage stehen, ob noch ein Abkomme aus der älteren
Linie zu erwarten ist, so würde die demnächst berechtigte jüngere Linie
vorläufig von der Thronfolge ausgeschlossen sein, und die Einsetzung
einer Regentschaft erforderlich werden. Erst nachdem die Geburt er-
folgt ist oder seststeht, daß eine solche nicht mehr erfolgen wird, kann
die endgültige Entscheidung über die Thronfolge erfolgen.
§ 31. Die außerordentliche Thronfolger).
Nach Erledigung der ordentlichen Thronfolge soll es nach der
herrschenden Ansicht noch verschiedene außerordentliche Gründe geben,
vermöge deren jemand nach Aussterben des königlichen Hauses die
Thronfolge entweder für den ganzen Staat oder in einzelne Teile
des Staatsgebietes erwirbt.
5*) Sten. Ber. der 2. wammer 18490/0, Bd. 1, S. 1923 sf.
1) Vgl. Klüber 8§ 212; Zachariä § 71; Zöpfsl 88 252 ff.;
v. Rönne-Zorn, Bd. 1, S. 225; H. Schulze, Pr. St.-N., Bd. 1,
S. 190 ff. Vgl. im übrigen die zu § 28 angegebene Literatur.