Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

198 Das Versassungsrecht. § 33 
auf die Krone vorbehalle. Der Herrscher, welcher einmal auf die 
Krone verzichtele, hat sie damit für immer verloren und könnte sic 
höchstens auf Grund eines besonderen Verfassungsgesetzes wiedet- 
erlangen. Ist dagegen die Abdankung ersolgt zugunsten einer anderen 
Person als des nächsten Thronberechtigten, so ist damit zwar der 
Wille des Herrschers, auf die Krone zu versichten, ausgesprochen, die 
beigefügle Bemerkung hat aber als gesetzwidrig leinen Anspruch auf 
rechtliche Bedentung. 
Aus der Natur des monarchischen Slaates solgt serner, daß die 
gesamte Staatsgewalt rechtlich in dem Könige vereinigt sein, und alle 
Macht von ihm ausgehen mus. Es ist daher unzulässig, daß der ab- 
dankende Herrscher sich irgend welche anderen Rechte vorbehält als 
Chrenrechte. Der Nachfolger tritl vollständig und in jeder Begiehung 
an die Stelle des abdankenden Herrschers. Dieser verliert die slaal- 
liche Persönlichkeil, welche auf den Nachfolger übergeht, und wird ein 
Untertan des letzteren, und zwar tritt er in die bevorrechielste Klasse 
der Untertauen, in das königliche Haus, wieder ein, dem er vor 
seinem Regierungsantrilte angehörte. 
Abgesehen von dem Tode und der Abdaulung des Herrschers 
gibt es keinen Grund für den Verlust der Herrschaft. Jucobesondere 
i! die Absetzung des Herrschers staatsrechtlich unmöglicht). 
Die Absetzung war möglich und fand vielsach statt im allen Reiche, 
da die eingelnen Landesherren diesem unterlan waren, also eine höhere 
Machl bestand, welche absetzen konnte. Während das Reich gegen die 
Mißzwirtschaft kleiner Reichsgrasen noch bis in die letzten Zeiten 
seines Bestehens einschritt, vermochte es freilich nichte gegen größere 
1) Vielfach erörtert ist die Frage bei Gelegenheit der BVerjagung 
des Herzogs Karl von Braunsehwmeig. Die Moehrheit des Bundestages, 
unter ihr Preußen und Haunnoder, sprach sich für die Zulässigleit der 
Absetzung durch den Bund und die Agnaten aus, wobei sich un- 
weiselhaft die Nachwirkung früherer palrimonialen Anschanungen zeigl- 
Die Minderheit des Bundestages, insbesondere Oesterreich, vertrat aber 
schon die richtige Ansicht, daß nur die Einsetzung einer Regentschaft 
Zulässig sei. Bgl. Müber §255; Zöpft, Bd. 1, § 279, und die 
Schrift: „Der Ausstand in der Stadt Braunschweig am 6. und 7. Sep— 
tember 1830 und der bestehende Anfall des Herzoglums Braunschweig,“ 
Leipzig 1858. Der Beschluß der Mehrheit des Bundestages war troß 
der Bedenken, die er erregen mußte, für die weitere Behandlung der 
braunschweiger Angelegenheit maßgebend.
	        
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