Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

220 Das Verfassungsrecht. 837 
Mit dem Augenblicke der Volljährigkeit des Königs würde jede Re— 
gierungshandlung des bisherigen Regenten als solche nichtig und bloß 
die Handlung eines Privatmannes sein, der dafür verantwortlich 
wäre wie jeder andere Staatsangehörige. 
Zweifelhaft kann es dagegen sein, wann die Regentschaft bei 
anderen Hinderungsgründen in der Person des Königs, deren Wegfall 
nicht ohne weiteres klar ist, aufzuhören hat. Wie ist der Zweifel 
über das Fortbestehen oder den Wegfall des Hinderungsgrundes in 
der Person des Königs zu heben? Die herrschende Meinunge) nimmt 
an, die Beendigung der Regentschaft erfolge nach Analogie der Be- 
gründung auf einen Beschluß des Landtages. Dies ist falsch. Zunächst 
trifft die Analogie nicht zu. Die Begründung der Regentschaft erfolgt 
unabhängig von dem Beschlusse des Landlages dadurch, daß der ver- 
fassungsmäßig bezeichnete Regent, nämlich der nächste volljährige Agnat 
und mangels eines solchen das Staatsministerium, die Regentschaft 
übernimmt. Der Beschluß des Landtages begründet die Regentschaft 
nicht, sondern erkennt nur ihre Notwendigkeit an. Die Analogie mit 
der Begründung der Regentschaft könnte höchstens dazu führen, sie 
endigen zu lassen durch Niederlegung seitens des Regenten und durch 
Anerkennung dieser Niederlegung seitens des Landtages. Dieses Ver- 
fahren ist aber unmöglich. Wie der Regent die Regentschaft durch ein- 
seitige Uebernahme rechtlich begründet, so würde er sie auf dieselbe Weise 
durch einseitige Niederlegung beendigen. Mit dem Augenblicke der 
Niederlegung hörte die Regentschaft auf, und der Beschluß des Land- 
tages, welcher übrigens nach diesem Zeitpunkte nicht mehr durch den 
bisherigen Regenten berufen werden könnte, würde, wenn er sich 
für die Aufhebung der Regentschaft ausspräche, etwas Ueberflüssiges 
tun, wenn er dagegen den Fortbestand der Regentschaft verlangte, 
die bereits durch die Niederlegung rechtmäßig erfolgte Beendigung 
nicht ungeschehen machen können. Die Analogie mit der Begründung 
der Regentschaft paßt also unter keinen Umständen. 
Denkbar sind zwei Fälle, entweder der Regent hält den Grund 
der Regentschaft für fortgefallen oder eine andere Person, insbesondere 
2) Zachariä § 83; v. Gerber S. 110; v. Rönne--Zorn, 
Pr. St.-N., Bd. 1, S. 241; H. Schulze, Pr. St.-R., Bd. 1, S. 216. 
Wieso ich mich in einem Widerspruche bewegen soll, wie v. Rönne- 
Zorn a. a. O. S. 241, N. 2 behauptet, verstehe ich nicht, er selbst 
gibt auch keine nähere Erklärung.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.