Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

8 39 Der Umfang des Staatsgebietes. 233 
Enklave Kaulsdorf, Hessen die Landgrafschaft Hessen-Homburg, die 
Kreise Biedenkopf und Vöhl, einen Teil des Kreises Gießen und eine 
Reihe einzelner Ortschaften. 
Die Einverleibung dieser vertragsmäßig von Oesterreich, Bayern 
und Hessen erworbenen Gebietsteile in das preußische Staatsgebiet 
erfolgte durch Gesetz vom 24. Dezember 186611). 
4. Das Herzogtum Lauenburg war ebenfalls im Wiener Frieden 
vom 30. Oktober 1864 von dem Könige von Dänemark an den König 
von Preußen und den Kaiser von Oesterreich gemeinschaftlich abgetreten 
worden. Letzterer leistete jedoch in der Konvention von Gastein vom 
14. August 186515) auf seine Mitbesitzrechte bezüglich des Herzogtums 
Lauenburg gegen Zahlung von 2500 000 Taler Dänisch zugunsten 
des Königs von Preußen Verzicht, welcher durch Patent vom 13. Sep- 
tember 1865 von dem Lande Besitz ergriff. 
Sowohl der Wiener Friede wie die Gasteiner Konvention waren 
geschlossen worden von dem Könige von Preußen als solchen. Da 
eine Unterscheidung von König und Staat nach preußischem Staats- 
rechte unzulässig ist, so war damit das Herzogtum Lauenburg völker- 
rechtlich für den preußischen Staat erworben, es war völkerrechtlich 
Teil des preußischen Staatsgebietes!). Lauenburg hatte also keinerlei 
völkerrechtliche Selbständigkeit mehrts). Infolge des damals bestehenden 
Verfassungskonfliktes fühlte sich jedoch die Regierung nicht bewogen, 
die staatsrechtliche Einverleibung Lauenburgs in das preußische Staats- 
gebiet zu veranlassen. Das Land trat vielmehr nur in eine Zwitter- 
stellung zu Preußen. Darin verblieb es auch, als die Ein- 
verleibung Schleswig-Holsteins erfolgte. Erst am 23. Juni 1876 kam 
12) G.-S. 1866, S. 876. 
15) Aegidi und Klauhold, Staatsarchiv, Bd. 9, S. 288. 
14) Die Rede des damaligen Ministerpräsidenten Grasen Bismarck 
im Abgeordnetenhause vom 3. Februar 1866 — Spemannsche Ausgabe, 
Bd. 2, S. 240 ff. — erkennt die Unzulässigkeit der Unterscheidung von 
König und Staat an, zieht aber daraus den falschen Schluß, daß der 
König über das Herzogtum frei verfügen und es in Personalunion zu 
Preußen setzen dürfe. Da das Herzogtum bereits für Preußen völker- 
rechtlich erworben war, konnte es ihm nur durch einen völkerrechtlichen 
Akt wieder entzogen werden. Solange dies nicht geschah, blieb der 
Regierung die Verpflichtung, das Herzogtum staatsrechtlich mit Preußen 
zu verschmelzen. 
15) Die Reichsverfassung Art. 1 zählt daher Lauenburg nicht als 
Staat auf, sondern neunt als Staat: „Preußen mit Lauenburg“.
	        
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