Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

8 40 Rechtsverhältnisse des Staatsgebietes. 243 
sassungsgesetzes hat und daher unmittelbar mit der Einverleibung ohne 
weitere Verkündung dort in Kraft getreten ist. Daß serner nach 
Verkündung der Verfassungsurkunde eine Veränderung des Rechts- 
öustandes nur durch Gesetz erfolgen könne, ist wenigstens im ganzen 
und großen richtigt1). Dieses Gesetz ist aber die Kabinettsorder vom 
29. März 1837, welche gleich allen anderen der Verfassungsurkunde 
nicht widersprechenden Gesetzen durch sie aufrecht erhalten worden ist. 
Dem Staatsgebiete wird nun die Eigenschaft der Unteilbarkeit 
zugeschrieben. Das verfassungsmäßig feststehende Staatsgebiet bildet 
staatsrechtlich eine Einheit. Es ergibt sich dies schon daraus, daß der 
preußische Staat ein Einheitsstaat ist. Der Einheitsstaat unterscheidet 
sich vom zusammengesetzten Staate dadurch, daß die Verfassung, d. h. 
der Inbegriff der Normen, welche Zusammensetzung und Tätigkeit 
des Staatswesens regeln, einheitlich sein muß. In dem einheitlichen 
Staatswesen können aber auch die Grundlagen jedes Staates, Land 
und Volk, nicht rechtlich geschieden sein. Es bestehen verschiedene 
Bezirke des preußischen Staates, aber nur für die Verwaltung, ver- 
fassungsmäßig sind sie eine Einheit. Das preußische Staatsgebiet 
ist daher verfassungsrechtlich ungeteilt, aber auch unteilbar, solange 
die gegenwärtige Verfassung des preußischen Staates als eines Ein- 
heitsstaates bestehti?). Die preußische Verfassungsurkunde hatte nicht 
nötig, die Unteilbarkeit des Staatsgebietes besonders auszusprechen, 
da diese aus dem in ihr unzweideutig zum Ausdrucke gelangten 
Charakter des Staates mit Notwendigkeit sich ergibt. Wohl aber ist 
in der Zeit, in der Preußen noch einen Gesamtstaat bildete, die Unteil- 
barkeit seines Gebietes wiederholt festgesetzt wordenits), da damals 
die Unteilbarkeit sich nicht aus dem staatsrechtlichen Charakter des 
Staates ergab, und es deshalb besonderer Normen bedurfte. 
Dagegen ist die Unveräußerlichkeit keine Eigenschaft des preußischen 
Staatsgebietes#). Art. 2 der Verfassungsurkunde bestimmt ausdrück- 
— 
11) Vgl. die weiteren Ausführungen in 8 80. 
12) Vgl. über die Teilbarkeit deutscher Staatsgebiete den Aufsatz 
Vn Gerber in Acgidis Zeitschrift für deutsches Staatsrecht, Bd. 1, 
6ff. 
13) Vgl. 8 14. 
14) v. Rönne-Zorn, Pr. St.-R., Bd. 1, S. 196 folgert sie 
auffallenderweise aus den Bestimmungen des Art. 53 V.-U. über die 
Thronfolge. 
  
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