254 Das Verfassungsrecht. 8 42
im Auslande stattgefundene Zuwiderhandlung wird nach seiner Rück—
kehr ins Inland bestraft, falls nicht schon eine Bestrafung seitens
des ausländischen Staates stattgefunden hat. Nur einzelne minder
wichtige Pflichten des Staatsangehörigen gegen den Staat ruhen, so—
lange jener sich im Auslande aufhält, so die Teilnahme an der staat—
lichen Verwaltung durch Bekleidung von Ehrenämtern, die Ausübung
der Wahlrechte, die militärische Kontrolle und dergleichen. Andererseits
schützt aber der Staat seine Angehörigen, sofern ihnen Unrecht ge—
schieht, auch im Auslande durch diplomatisches Einschreiten und nötigen-
falls durch seine Kriegsmacht.
Den Gegensatz der eigenen Angehörigen des Staates bilden die
sich in seinem Gebiete aufhaltenden Fremden. Während die Staats-
angehörigen unabhängig von ihrem Aufenthalte stets in einem Pflicht-
verhältnisse zu ihrem Staate stehen, wird eine Beziehung zwischen der
inländischen Staatsgewalt und den Fremden nur hergestellt, soweit
letztere sich im Inlande aufhalten oder innerhalb seiner Grenzen eine
Tätigkeit entwickeln. Das Verhältnis des Staates zu den Fremden
ist daher kein selbständiges und persönliches, welches sich von dem
Untertanenverhältnisse bloß durch seine beschränkte Dauer unterschiede.
Man kann die Fremden nicht als subditi temporales bezeichnen. Viel-
mehr ist die Beziehung des Staates zu den Fremden bedingt durch
ihren Aufenthalt im Inlande oder ihre sich auf das Inland er-
streckende Tätigkeit. Diese Beziehung entsteht und vergeht mit dem
Entstehen und Aufhören des Verhältnisses des Fremden zum in-
ländischen Staatsgebiete. Die vorübergehende Herrschaft des Staates
über Personen, welche nicht seine Staatsangehörige sind, ist daher
nur eine Folge seiner Herrschaft über sein Staatsgebiet.
Die Fremden sind, abgesehen von gewissen Ausnahmen, welche
auf dem völkerrechtlichen Grundsatze der Retorsion beruhen, demselben
Zivil- und Strafgesetze unterworfen wie die Inländer, sie genießen
im Inlande in jeder Beziehung denselben Schutz wie diese. Dafür
haben sie aber auch die Verpflichtung, dem Staate dieselben Steuern
und Abgaben zu zahlen wie die Inländer. Nur von den persönlichen
Pflichten, namentlich der Wehrpflicht und der Verpflichtung zur Ver-
waltung von Ehrenämtern, sind sie befreit. Der Staat kann sich
nicht da, wo er auf die persönliche Hingabe für seinen Dienst ange-
wiesen ist, diese Dienste von Fremden leisten lassen, bloß weil sie
sich zufällig in seinem Gebiete aufhalten. Aus demselben Grunde