Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

84 Die Herstellung der absoluten Monarchie (1604—1713). 21 
flikten mit den einzelnen Landesregierungen und Amtskammern reißen 
daher die Kommissariate einen Zweig der Landespolizei nach den 
anderen an sich, so daß sich schließlich am Ende des 17. Jahrhunderts 
die Regierungen auf Abschoß-, Grenz-, Gnaden= und ähnliche An- 
gelegenheiten beschränkt sehen. Damit war unter Verdrängung der 
ständischen Mitregierung die Realunion der einzelnen Gebiete in 
allen Zweigen mit Ausnahme der Justiz, des Kirchen= und Schul- 
wesens erreicht. Neben dem kurfürstlichen „Kammerstaate“ steht der 
„Kriegsstaat“ als gleichberechtigter Faktor. Nur in den mittleren Pro- 
vinzen erhielten sich die Kreistage als ständische Selbstverwaltungs- 
bezirke des flachen Landes. 
Während in dem jahrzehntelangen Kampfe mit den Ständen der 
Einheitsstaat auf den verschiedensten Gebieten der Verwaltung her- 
gestellt wurde, vollzog sich noch ein anderes für die Verfassungs- 
geschichte des Staates bedeutsames Ereignis, die Befreiung des Herzog- 
tums Preußen von der polnischen Lehnsherrlichkeit, welche 1656 in 
dem Vertrage von Labiau von Schweden, 1657 in dem Vertrage von 
Wehlau von Polen anerkannt und 1660 im Frieden zu Oliva be- 
stätigt wurde. Dieses Ereignis machte sich in zwiefacher Richtung 
geltend, nach innen und nach außen. Im Innern entzog es den 
preußischen Ständen trogz verschiedener politischen Machenschaften den 
Rückhalt, den sie bisher an der Krone Polen gehabt, und erleichterte 
den Sieg des absolutistischen Einheitsstaates über das partikularistische 
Ständetum. Nach außen führte es den Kurfürsten, den nunmehr 
souveränen Herzog in Preußen, als auch formell gleichberechtigtes 
Mitglied unter den Souveränen Europas ein. Der Lehnsnexus mit 
Polen blieb nur erhalten für die hinterpommerschen Herrschaften 
Lauenburg und Bütow, die der Kurfürst gleichzeitig mit der Befreiung 
Preußens von der polnischen Lehnsherrschaft erwarb, auch behauptete 
Polen bis zur Zeit Friedrichs des Großen ein Eventualrecht an 
Preußen für den Fall des Aussterbens der brandenburgischen Hohen- 
zollern. 
Bekanntlich hatte der Große Kurfürst in seinem Testamente vom 
26. Januar 1686 seine jüngeren Söhne mit einzelnen Fürstentümern 
ausgestattet, und es knüpft sich hieran der Vorwurf, er habe unter 
dem Einflusse seiner zweiten Gemahlin das Werk seines Lebens, die 
Einheit des Staates, selbst wieder zerstören wollen. Tatsächlich sollten 
jedoch nur erbliche Statthalterschaften zur Ausstattung der jüngeren
	        
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