284 Das Verfassungsrecht. § 15
tretung dem Ausgetretenen kraft elterlicher Gewalt zusteht, soweit sie
sich bei dem Ausgetretenen besinden, jedoch nicht auf verheiratete oder
verheiratet gewesene Töchter (§5 21, Abs. 2). Nicht entschieden ist
hiernach von dem Gesetze der Fall, daß Ehefrau und Kinder sich zwar
nicht bei dem Chemanne bzw. Vater, wohl aber im Auslande zehn
Jahre aufgehalten haben. Sieht man in dem Verluste der Staats-
angehörigkeit durch Zeitablauf einen vermuteten Verzicht, so mus
man in diesem Falle den Verlust für die noch handlungsunfähigen
Kinder leugnenn). Erachtet man dagegen, wie hier geschehen, den
Verlust für unabhängig von der Handlungsfähigkeit des Verlierenden,
so ist anzunehmen, daß die Kinder zwar nicht wegen des Verlustes
der Staatsangehörigkeit ihres Vaters, sondern selbständig wegen ihrer
eigenen Abwesenheit, also nicht auf Grund des 8 21, Abs. 2, sondern
auf Grund des 8 21, Abs. 1, ihrer Staatsangehörigkeit verlustig gehen.
Für Deutsche, welche sich in einem Staate des Auslandes min-
destens fünf Jahre ununterbrochen aufhalten und in ihm zu-
gleich die Staatsangehörigkeit erwerben, kann durch Staatsvertrag die
zehnjährige Frist bis auf eine fünfjährige vermindert werden, ohne
Unterschied, ob die Beteiligten sich im Besitze eines Reisepapieres
befinden oder nicht (§ 21, Abs. 3). Es war dies bereits vor Erlaß
des Gesetzes vom 1. Juni 1870 geschehen durch einen Vertrag des
Norddeutschen Bundes mit den Vereinigten Staaten von Amerika
vom 22. Februar 186818). Uebereinstimmende Verträge hatten die
süddeutschen Staaten Bayern, Baden, Württemberg und Hessen am
26. Mai, 19. Juli, 27. Juli und 1. August 1868 mit Nordamerika
abgeschlossen. Diese sogenannten Bancroftverträge sind durch das
Gesetz, obgleich es später ergangen ist, in keiner Weise berührt
wordento). Wiederverlust der amerikanischen Staatsangehörigkeit tritt
ein, wenn der frühere Auswanderer sich längere Zeit, z. B. zwei
17) Dies ist die frühere preußische Praxris. Vgl. M.-N. vom 24.
April 1867 (M.-Bl. d. inn. Verw. 1867, S. 134), M.-R. vom 14. Mai
1868 (a. a. O. 1868, S. 181); v. Rönne-Zorn, Pr. St.-N., Bd. 1,
S. 629, N. 1. Anders die Rechtsprechung, vgl. oben N. 13.
18) V. G.-Vl. 1868, S. 228.
10) Dies ist bisher weder theoretisch noch von amtlicher Seite
bezweiselt worden. Uebereinstimmend auch Eutsch. des O.-V.-G.
vom 13. Oktober 1886, Bd. 14, S. 388.