84 Die Herstellung der absoluten Monarchie (1604—1719). 23
Privilegium de non appellande für sie erteilt hatte, ein gemeinsames
Oberappellationsgericht in Berlin zur Entscheidung der nicht mehr
zur Zuständigkeit der Reichsgerichte gehörenden Sachen errichtet.
Nur die Grasschaft Ravensberg und die Lande der Oranischen
Erbschaft hatten vorläufig noch ihre besonderen obersten Gerichtshöfe
in Berlin.
Um für die zahlreichen obersten Behörden, die neu gebildet
worden waren, einen Vereinigungspunkt zu finden, wurden deren
Leiter seit der Dankelmannschen Verwaltung herkömmlich zu Mit-
gliedern des Geheimen Rates ernannt. Dieser bildete also seitdem
die Versammlung der einzelnen Ressortchefs, das Staatsministerium.
An seiner Spitze stand ein leitender Minister mit der Bezeichnung
eines Oberpräsidenten. ·
Als die Verschmelzung der einzelnen Gebiete soweit vollzogen
war, fand sich für den neuen Staat auch eine neue Bezeichnung durch
die Erwerbung der Königswürde. Durch den nach jahrelangen Ver—
handlungen zustande gekommenen erneuten Alliancetraktat vom 4. De-
zember 1700 gab Kaiser Leopold I. im voraus seine Zustimmung zur
Annahme der Königswürde, welche am 18. Jannar 1701 für das
souveräne Herzogtum Preußen erfolgte.
Das Verhältnis des Landesherren zu den übrigen Gebieten blieb
zwar staatsrechtlich unverändert. Es war jedoch natürlich, daß dieser
höhere Titel nicht nur in Preußen, sondern auch in anderen Provinzen
gebraucht wurde. Für den neuen Staat war auch der neue Name
und der neue Titel gefunden. Alle Provinzen bilden zusammen die
königlich preußischen Staaten. Hierin liegt ausgesprochen, daß alle
Gebiete eine Einheit ausmachen. In allen Provinzen standen da-
her königlich preußische Truppen, wirkten königlich preußische, zur
Regierung des Landes verordnete Behörden, an allen fremden Höfen
vertraten königlich preußische Gesandte und Residenten ihren Herrn.
Andererseits sagt die Bezeichnung „königlich preußische Staaten“ aber
auch, daß diese Staaten zwar einen Gesamtstaat, aber noch keinen
Einheitsstaat bilden. Die staatliche Selbständigkeit der einzelnen Ge-
biete tritt nach zwei Richtungen hervor, im Verhältnisse zu den
Ständen und im Verhältnisse zum Reiche. Die Stände waren voll-
kommen zurückgedrängt, aber nicht vernichtet. Auf dem geringen Ge-
biete, wo eine Tätigkeit der Stände noch besteht, meist nur dem
landschaftlichen Kassen= und Kreditwesen, zeigt sich noch die Selbst-