308 Das Verfassungsrecht. 8 49
vom 18. Juni 1790 und vom 6. Fruktidor II (23. August 1794),
den Erbadel abgeschafft und die Führung adliger Beinamen oder Prä—
dikate neben dem Familiennamen verboten. Die Kabinettsorder vom
13. Januar 18265) setzte diese Gesetze außer Kraft und ermächtigte
die vor Abschaffung des Adels dazu berechtigten Personen wieder zur
Führung adliger Prädikate. Es wurden jedoch keine weiteren Rechts-
grundsätze über den Adel aufgestellt. Ebensowenig bestehen im all—
gemeinen solche in den gemeinrechtlichen Landesteilen als geschriebenes
Recht. Aus den Materialien des A. L.-R. ergibt sich unn, daß das
A. L.-R. II, 9 mit einigen für das heutige NRecht nicht mehr in
Betracht kommenden Ausnahmen") nur anerkannt geltendes Recht dar-
stellen wollteb). Hiernach und nach dem tatsächlich übereinstimmenden
Herkommen der gemeinrechtlichen Landesteile ist anzunehmen, daß die
im A. L.-R. enthaltenen Bestimmungen in dieser Beziehung in den
Landesteilen, in denen das A. L.-R. nicht gilt, als Gewohnheitsrecht
zur Anwendung zu kommen haben.
Dem ehemaligen Reichsadel, soweit er nicht zu den Mediatisierten
gehörte, hatte Art. 14 der deutschen Bundesakte die freie Wahl des
Aufenthaltes, die Familienautonomie, Anteil der Begüterten an Land-
standschaft, Patrimonial= und Forstgerichtsbarkeit, Ortspolizei, Kirchen-
patronat und privilegierten Gerichtsstand zugesichert, jedoch ausdrüddllich
hinzugefügl, daß diese Rechte nur nach Maßgabe der Landesgesetze
ausgeübt werden sollten. Da nun aber die preußische Landesgesetz-
gebung abgesehen von den später zu erörternden Ausnahmen bezühglich
der Standesherren, des königlichen und fürstlichen Hauses Hohen-
zollern keinerlei ständische Vorrechte mehr kennt, so nimmt auch die
ehemalige Reichsritterschaft keine Sonderstellung mehr ein, sondern
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2) Bormann und Dauiels, Handbuch der für die königlich
preußischen Rheinprovinzen verkündeten Gesetze usw., Bd. 1, S. 216,
Bd. 2, S. 607.
31) G.-S. 1826, S. 17. Das Geltungsgebiet der Kabinettsordre er-
streckt sich so weit wie das der dadurch aufgehobenen Gesetze, nämlich
auf das linke Rheinufer, nicht aber auf das Geltungsgebiet des französi-
schen Rechtes in Preußen überhaupt.
4) Es sind dies die §8§ 41—50 und 59, die auf der Verordnung
vom 18. Februar 1775 bernhen.
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5) Vgl. die Schlußvorträge von Svarcz bei Revision der Monita
in v. Kamptz, Jahrbücher für die Preuß. Gesetzgebung, BVd. 41,
S. 149 ff.