Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

322 Das Verfassungsrecht. 8 50 
abschloß, so lag aber doch der Rechtsgrund für die Wiederherstellung 
der Rechte nicht in den Verträgen, d. h. in der beiderseitigen über— 
einstimmenden Willenserklärung, sondern allein in der Willens— 
erklärung der königlichen Staatsregierung, und die sogenannten Ver— 
träge waren jederzeit der Abänderung im Wege der einseitigen könig— 
lichen Verordnung unterworfen, obschon eine solche einseitige Ab— 
änderung politisch nicht empfehlenswert sein mochte. 
Der zweite Einwand gegen die Rezesse, daß durch sie den Me— 
diatisierten mehr Rechte wieder eingeräumt seien, als die Bundes— 
alte verlange, und daß man ihnen neue Rechte zugestanden habe, 
erscheint ebenfalls nicht begründet. Zunächst waren nicht nur die in 
der Bundesakte selbst namentlich aufgezählten, sondern auch die in 
der bayerischen Verordnung von 1807, welche für ein subsidiäres 
Bundesgesetz erklärt war, den Mediatisierten gewährten Rechte ihnen 
wieder einzuräumen. Art. 14 Nr. 34 der Deutschen Bundesakte 
hatte serner den Mediatisierten eine umfassende Verwaltung und Ge- 
richtsherrlichkeit zugesichert. Wenn nun die Rezesse statt dessen einige 
Aussichts= und Bestätigungsrechte für die Schul= und Gemeindever- 
waltung sowie Präsentationsrechte für die Anstellung der Nichter im 
standesherrlichen Gebicte gewährten, so waren das durchaus keine 
neuen Rechte. Sie enthalten alle nur ein Weniger der in der Bundes- 
alte zugesicherten. Ebenso mußte den Standesherren Befreiung von 
den Personalsteuern gewährt werden, da sie nach der Bundesalte die 
privilegierteste Klasse in Ansehung der Besteuerung bildeten, in Preußen 
aber einzelne Personenklassen von den Personalstenern gesetzlich befreit 
waren. Die meisten dieser Bestimmungen, welche unter die vom 
Landtage angefochtenen fallen, sind jedoch neuerdings entweder ge 
ändert, wie z. B. die Rechte der Mediatisierten in der inneren Ver 
waltung durch die Verwaltungsgesetzgebung, oder überhaupt beseitigt, 
wie die Präsentationsrechte zu den Nichterstellen durch die Reichsjustiz- 
gesetze und die Steuerbefreiungen. Jedenfalls hat in umfassendem 
Maße eine Neuregelung durch allgemeine Gesetze stattgesunden. Die 
Streitfrage von der Gesetzmäßigkeit dieser den Standesherren einge- 
räumten Befugnisse ist daher gegenwärtig von sehr geringer Bedeutung. 
Begründet war dagegen der dritte Einwand des Abgeordneten- 
hauses, daß die Zubilligung von Geldentschädigungen an die Standes- 
herren für aufgehobene Rechte nicht ohne Zustimmung des Landtages 
habe erfolgen dürfen. Ueber diesen dritten Punkt kam jedoch eine
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.