340 Das Verfassungsrecht. § 52
fremden Staatsangehörigen im Inlande den ihnen nach dem Rechte
ihres Heimatsstaates zustehenden Titel und Rang.
3. Das Recht der Autonomiec#o). Die Bundesakte erklärt,
daß nach den Grundsätzen der früheren deutschen Verfassung die noch
bestehenden Familienverträge aufrecht erhalten werden sollen und sichert
ferner den Standesherren die Befugnis zu, über ihre Güter und
Familienverhältnisse verbindliche Verfügungen zu treffen, die jedoch
dem Souverän vorgelegt und bei den höchsten Landesstellen zur all-
gemeinen Kenntnis und Nachachtung gebracht werden müssen. Die
bisher dagegen erlassenen Verordnungen sollen auf künftige Fälle nicht
mehr anwendbar sein. Dieser Grundsatz der Familienautonomie ist
anerkannt in der preußischen Gesetzgebung, in den mit den einzelnen
Standesherren auf Grund der Verordnung vom 12. November 1855
abgeschlossenen Verträgen, in den betreffenden hannöverschen und
kurhessischen Verordnungen und den auf Grund des Gesetzes vom
15. März 1869 ergangenen Gesetzen. Hiernach bedürfen jedoch sowohl
die älteren wie die neueren Familienverträge, um vor den Gerichten
verbindliche Kraft zu erhalten, der königlichen Genehmigung. Diese
soll aber nicht versagt werden, wenn darin weder gegen die Rechte
dritter noch gegen die Landesgesetze etwas enthalten ist. Soweit
ersorderlich, ist der Inhalt durch die Landesbehörden zur allgemeinen
Kenntnis und Nachachtung zu bringen.
Da diese Rechtssätze sowohl in den Rezessen mit den einzelnen
Standesherren wie in den übrigen Rechtsnormen anerkannt sind,
können sie als gemeines preußisches Recht betrachtet werden. Zweifel-
haft könnte nur bei der Bestimmung der Bundesakte, daß die bisher
gegen die Familienautonomie erlassenen Anordnungen auf künftige
Fälle nicht anwendbar sein sollen, erscheinen, ob sich dies bloß auf
Errichtung neuer Familienstatuten oder auch auf die Aufrechterhaltung
der älteren, in der Nheinbundszeit bereits beseitigten beziehte.). Ent-
20) Vgl. Locnuing, Die Autonomie der standesherrlichen Häuser
Deutschlands nach dem Recht der Gegenwart, Halle 1905; Oert-
mann, Die standesherrliche Autonomie im heutigen deutschen bürger-
lichen Recht, Erlangen 1905; Heß, Der Einfluß des B. G.-B. auf
die Autonomie der deutschen Standesherren in theoretischer und prakti-
scher Beziehung, Darmstadt 1909.
21) Für letztere Alternative namentlich Zachariä, St.-N., Bd. 1.
§ 98, Anm. 4; dagegen Pernicc, Observ. de princibhum comitumque
Subjeciorum juris privati mutata ratione, Halae, 1827.