Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

8 62 Die persönlichen Rechtsverhältnisse der Mediatisierten. 341 
scheidend ist für das preußische Staatsrecht, daß die Bundesakte nicht 
unmittelbar geltendes Recht für Preußen festsetzen konnte, sondern nur 
eine Verbindlichkeit für die Staatsgewalt zum Erlasse entsprechender 
Rechtsnormen. Sollte daher auch der Bundesakte der weitergehende 
Sinn beizulegen sein, so hat doch jedenfalls die preußische Gesetz- 
gebung dies nirgends ausgesprochen. Ohne eine solche ausdrückliche 
Bestimmung ist jedoch anzunehmen, daß die einmal in der Rheinbunds- 
zeit aufgehobenen Familienverträge aufgehoben bleiben und nur durch 
Neuerrichtung wieder in Kraft treten können. 
Den Inhalt der Familienautonomie bildet die Aufhebung einiger 
die anderen Staatsangehörigen bindenden privatrechtlichen Normen 
zwingender Natur, namentlich des Eherechtes und Erbrechtes, für die 
Mediatisierten und damit eine Erweiterung der Befugnis, privatrecht- 
liche Verfügungen zu treffen. Juristisch hat die Familienautonomie 
denselben Charakter, wie die allgemeine privatrechtliche Zulässigkeit 
der Eingehung von Verträgen oder der Errichtung von Testamenten. 
Aus diesen Privatrechtsnormen ergibt sich keinerlei subjektives Recht 
des Einzelnen, Rechtsgeschäfte einzugehen. Das subjektive Recht erwächst 
erst aus dem eingegangenen Rechtsgeschäfte. Ebenso ergibt sich ein 
subjektives Recht der Mediatisierten nicht aus der staatlichen Rechts- 
norm über die Familienautonomie, sondern erst aus der autonomen 
Satzung. Diese Satzung ist privatrechtlich und ebenso das sich daraus 
ergebende subjektive Recht. 
Die Familienautonomie stand nach dem Reichsherkommen allen 
Familien des hohen Adels zu22). Sie muß deshalb nicht als eine 
Folge der Herrschaft über Land und Leute, sondern als eine solche 
des hohen Adelsstandes gelten. Deshalb kann sie als persönliches 
Vorrecht auch von den in Preußen nicht standesherrlich begüterten 
mediatisierten Familien mit rechtlicher Wirkung für das Inland geltend 
gemacht werdenes). Andererseits ist aber die Familienautonomie der 
preußischen Standesherren auch für andere deutsche Staaten anzuer- 
kennen, soweit sie eine Autonomie der Mediatisierten zulassen. 
In welcher Weise von der Familienautonomie Gebrauch zu 
machen ist, ob durch Vertrag der einzelnen Familienmitglieder oder 
—.. — — — 
23) Vgl. Pütter, Erörterungen und Beispiele des teutschen Staats- 
und Fürstenrechtes, Heft 2; Häberlin, Handbuch des teutschen Staats- 
rechtes, Bd. 3, S. 489 ff. 
23) Dagegen Golther a. a. O.
	        
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