Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

8 62 Die persönlichen Rechtsverhältnisse der Mediatisierten. 345 
hob jedoch die Steuerfreiheiten des Hauses Bentheim auf. Ebenso ge- 
währte das preußische Gesetz vom 27. Juli 187534) dem herzoglichen 
Hause Arenberg keinerlei Befreiung von persönlichen Steuern mehr. 
In Hessen-Nassau sind die bisherigen Befreiungen der Standesherren 
und ihrer Familien von Personalsteuern durch Einführung des preußi- 
schen Gesetzes vom 1. Mai 1851 über die klassifizierte Einkommen- 
und Klassensteuer (Verordnungen vom 28. April und 11. Mai 1867), 
welche keine Steuerbefreiungen der Standesherren kennen, hinfällig 
geworden. Soweit die Freiheit von Personalsteuern noch bestand, ist 
sie durch Gesetz vom 18. Juli 1892 gegen Entschädigung aufge- 
hoben. Die Befreiungen von der Gemeindeeinkommensteuer bestehen 
nach § 40 Komm.-Abg.-Ges. vom 14. Juli 1893 fort, sind aber 
nach § 21 a. a. O. zum zwanzigfachen Betrage der Jahressteuer ab- 
lösbar. Die Befreiung steht einem Mediatisierten nur da zu, wo 
er bisher schon ein wohl erworbenes Recht darauf hatte, kann jeden- 
falls, da das Komm.-Abg.-Ges. eine allgemeine Befreiung der Me- 
diatisierten nicht kennt, von ihnen nicht neu in Anspruch genommen 
werden. Auf dem Gebiete der indirekten Steuern bestehen überhaupt 
keine Befreiungensb). Die Streitfrage, ob die in den alten Provinzen 
nicht standesherrlich begüterten Mediatisierten eine Freiheit von Per- 
sonalsteuer für sich in Anspruch nehmen können, hat damit ihre Be- 
deutung verloren35). 
7. Freiheit der Aufenthaltswahl. Die Bundesakte 
hatte den Mediatisierten die unbeschränkte Freiheit, ihren Aufenthalt 
in jedem zu dem Bunde gehörigen und mit ihm in Frieden 
lebenden Staate zu nehmen, zugesichert. Diese Freiheit ist jedoch 
gegenwärtig reichs= und landesrechtlich auch allen übrigen Staats- 
angehörigen eingeräumt, und eine Beschränkung der Auswanderung 
nur aus Rücksichten der Wehrpflicht zulässig, die jedoch für die Mediati- 
sierten nicht besteht. Die Freiheit der Aufenthaltswahl ist daher jetzt 
kein Vorrecht der Mediatisierten vor anderen Staatsangehörigen mehr. 
) G.-S. 1875, S. 327. 
35) Die von Rönne-Zorn, Pr. St.-R., Bd. 2, S. 49 behauptete 
Freiheit vom Erbschaftsstempel besteht nach § 5 des Stempelsteuergesetzes 
vom 31. Juli 1895 nicht mehr. 
30) Daher hat z. B. das Berliner Stadtgericht 1866 den Anspruch 
des Herzogs von Ujest, Fürsten von Hohenlohe-Oehringen, auf Miets- 
steuerfreiheit als unbegründet zurückgewiesen. Vgl. Zöpfl, Standes- 
herren, S. 116.
	        
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