348 Das Verfassungsrecht. § 53
fassungsdeklaration vom 10. Juni 1854 und der Verordnung vom
12. November 1855 abgeschlossenen Rezesse zwar die Regierungsrechte
der Standesherren im allgemeinen wiederhergestellt. Dagegen blieb
die standesherrliche Gerichtsbarkeit aufgehoben und die Rezesse ge-
währten den Standesherren als Ersatz ein Präsentationsrecht für einige
Nichterstellen an den in ihrem Gebiete belegenen Kreisgerichten.
In Hannover besaß der Herzog von Arenberg eine umfassende
Verwaltung, die Gerichtsbarkeit erster Instanz, welche durch herzogliche
Amtsgerichte ausgeübt wurde und Anteil an der durch ein „Königlich
Hannoversches und herzoglich Arenbergisches Gesamt-Obergericht“ aus-
geübten Gerichtsbarkeit zweiter Instanz"). Dagegen hatte der Fürst
von Bentheim durch einen im Jahre 1848 abgeschlossenen Vertrag
auf alle Regierungsrechte mit Ausnahme des Patronats verzichtet.
In Hessen-Nassau bestanden Regierungs= oder gerichtsherrliche Rechte
der Standesherren bei der Vereinigung von Hessen und Nassau mit
Preußen nicht, in Kurhessen insbesondere, wo sie den Standesherren
früher eingeräumt waren, hatte sie das Gesetz vom 13. November
18495) aufgehoben.
Nachdem das Gesetz vom 27. Juli 1875 auch die eigene Gerichts-
barkeit des Herzogs von Arenberg beseitigt hatte, bestanden als Rest
der früheren standesherrlichen Gerichtsbarkeit bis zum 1. Oktober 1879
nur noch die Präsentationsrechte der Standesherren für die Gerichte
ihres Gebietes in den alten Provinzen Preußens. Diese Rechte sind
nunmehr reichsgesetzlich ausgehoben durch § 15 Abs. 1 und 2 des
Gerichtsverfassungsgesetzes:
„Die Gerichte sind Staatsgerichte.
Die Privatgerichtsbarkeit ist aufgehoben; an ihre Stelle tritt die
Gerichtsbarkeit desjenigen Bundesstaates, in welchem sie ausgeübt
wurde. Präsentationsrechte für Anstellungen bei den Gerichten finden
nicht statt.“
Damit ist jeder Rest einer standesherrlichen Gerichtsbarkeit
beseitigt.
4) Die Justizverfassung war nach Trennung der Justiz von der
Verwaltung geregelt worden durch die Verordnung vom 8. August 1852
— G.-S. für Hannover 1852, Abt. 1, S. 237.
5) G.-S. für Kurhessen 1849, S. 125.