8 63 Die dinglichen Rechte der Mediatisierten. 351
Ebenso besteht in der Rheinprovinz nach der rheinischen Kreis-
ordnung vom 30. Mai 188712) 8 99 für die Standesherren und
ihre Familienmitglieder allgemein die persönliche Stellvertretungs-
befugnis wie in Hessen-Nassau für die Kreistagswahlen. Fernerhin
soll der Landrat des Kreises Neuwied und der des Kreises Wetzlar
unbeschadet des dem Kreistage zustehenden Vorschlagsrechtes nach An-
hörung des Fürsten zu Wied bzw. der Fürsten zu Solms-Braunfels
und zu Solms-Hohensolms-Lich ernannt werden. Endlich erfolgt in
den Landesbürgermeistereien der Kreise Neuwied und Wetzar, zu
denen standesherrliche Besitzungen der drei genannten Fürsten gehören,
die Ernennung und kommissarische Bestellung der Bürgermeister nach
Anhörung der Fürsten. Nur in betreff der Ernennung der Vorsteher
der aus Besitzungen der gedachten Fürsten gebildeten Kommunal-
verbände hat es bei der Bestimmung der mit ihnen geschlossenen
Rezesse sein Bewenden behalten.
Die Regierungsrechte der Standesherren auf dem Gebiete der
inneren Verwaltung sind damit im allgemeinen beseitigt. Als Ersatz
der früheren Regierungsrechte besteht die Verpflichtung der Regierung,
die Standesherren vor der Ernennung gewisser Verwaltungsbeamten
ihrer Gebiete zu hören.
Dagegen ist den Mediatisierten eigene Vermögensverwaltung be-
sonders der Domänen durch Beamte, die eidlich verpflichtet werden
können, und die Aussicht in Kirchen= und Schulsachen, soweit sic ihnen
bisher zustand, verblieben. In betreff der Einzelheiten der Kirchen-
und Schulaufsicht, die grundsätzlich nicht verschieden ist von derjenigen
anderer Patrone, ist auf das Verwaltungsrecht zu verweisen. Eine
ausgedehntere Kirchen= und Schulverwaltung haben nur die drei
Stolberger Fürsten in ihren Grafschaften durch ihre Konsistorien.
2. Die Grundsteuerfreiheit. Auf Grund des bundes-
rechtlich zugesicherten sogenannten Steuerprivilegiums hatte die
preußische Verordnung vom 21. Juni 1815 den Mediatisierten für
ihre Domänen die Grundstenerfreiheit eingeräumt. Da die 1848 in
Angriff genommene Grundsteuerreform nicht zustande kam, blieben die
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holt, wovon jedoch letztere beide Vorbehalte nie zur Ausführung kamen.
Seit 1848 haben keinerlei Regierungsrechte mehr ausgeübt der Fürst zu
Bentheim-Steinfurt und der Fürst zu Bentheim-Tecklenburg-Rheda.
12) G.-S. 1887, S. 209.