350 Das Versassungsrecht. 854
Erwerb der persönlichen Vorrechte der Mediatisierten erfolgt daher
lediglich durch Geburt bzw., da die Frau die Rechte des Mannes
teilt, durch die Verheiratung einer nicht zum hohen Adel gehörigen
Frau mit einem Mediatisierten. Bezüglich der materiellen und sor-
mellen Rechtsgültigkeit der Ehe entscheiden bis zum Inkrafttreten des
Personenstandsgesetzes die hausgesetzlichen Bestimmungen, seit dieser Zeit
das gemeine Eherecht, vom 1. Jannar 1900 ab ist für das materielle
Eherecht wieder das Hausrecht vorbehalten. Der hohe Adel ist demnach
ein geschlossener Geburtsstand, in den niemand auf andere Weise
Aufnahme finden kann als durch Geburt oder Heirat. Die Erhebung
in den Stand des hohen Adels mit den sich daran knüpfenden Rechts-
solgen durch den König wäre nicht nur rechtlich ungulässig, sondern
geradezu undenlbar. Möglich wäre allerdings, daß durch einen Akt
der Gesetzgebung einer nicht zu dem Kreise der vormals reichsständi-
schen Familien gehörigen Person sämtliche persönlichen Vorrechte der
Mediatisierten beigelegt würden. Abgesehen davon, daß ein solcher
Akt politisch außer dem Bereiche jeglicher Wahrscheinlichkeit läge, würde
er aber auch keine größere Wirksamkeit für sich beanspruchen können
als ein Akt der inländischen Gesetzgebung überhaupt, d. h. für das
Inland. Die Mediatisierten genießen aber, ganz abgesehen von der
Sonderstellung, die ihnen die inländische Gesetzgebung einräumt, eine
solche auch nach dem Rechte anderer Staaten lediglich auf Grund ihres
hohen Adelstandes. Diese über das Inland hinaus ihre Wirlung
äußernde Sonderstellung würde die Gesetzgebung des Inlandes nie-
mandem gewähren können, weil sie den hohen Adel nicht zu verleihen
imstande ist, als dessen Folge jene Sonderstellung erscheint.
Wie der hohe Adel nicht durch einen Alt der Staatsgewalt
erworben werden kann, so erlischt er auch nach dem bestehenden Rechle
durch einen solchen nicht. Selbst der niedere Adel, der doch vom
Staate verliehen wird, kann gegenwärtig vom Staate nicht mehr enl-
zogen werden, und dieser Grundsatz greift auch für den hohen Adel
Platz. Der hohe Adel kann daher nur verloren gehen mit dem Willen
des Betreffenden, also durch Verheiratung einer hochadligen Frau mit
einem nicht zum hohen Adel gehörigen Manne und durch einen frei-
willigen Verzicht. Letzterer Fall ist besonders dann vorgekommen,
wenn ein Mediatisierter eine wegen Standesungleichheit unzulässige
Ehe eingehen wollte, um durch den Verzicht auf den hohen Adel die
Standesgleichheit im juristischen Sinne herzustellen.