360 Das Verfassungsrecht. 5 55
in die Slaatsgewalt des eroberten stall, so daß für die Fürsten dieser
bisherigen Staaten keinerlei Regierungsrechte übrigblieben. Die Fürsten
und ihre Familien verloren daher jeden Zusammenhang mit ihrem
bisherigen Lande, sie wurden Unterlauen wie alle anderen.
Die Stellung der einzelnen Häuser zur preußischen Staatsgewalt
ist im übrigen eine verschiedene.
1. Das frühere hannöversche Königohaus bildet eine Seitenlinie
des in England regierenden Königshauses, wenn auch einem anderen
Slamme angehörig, da in England das Königshaus kein agnatischer
Verband ist. Seine Milglieder sind daher englische Prinzen und
Prinzessinnen, bilden aber auf der anderen Seite unter sich als agna-
lischer Verband ein eigenes Haus. Da sie nach der Einverleibung
Hannovers ihren Wohnsitz außerhalb Deutschlands verlegt haben, sind
sie auch nicht preußische Staats= und deutsche Reichsangehörige ge-
worden. Von der inländischen Gesetzgebung werden sie nur hinsichtlich
ihres im IJnlande belegenen Vermögens und der persönlichen Be-
ziehungen zu diesem ergriffen.
2. Das ehemals kurhessische Haus ist in der Haupt= und Kur-
linie erloschen. In Betracht kommen nur die landgräslichen Neben-
linien, deren älteste allerdings ohne die Ereignisse des Jahres 1866
jehll Kurlinie sein würde. Sie bilden gleichzeitig Nebenlinien des
großherzoglich hessischen Hanses und würden nach dessen Aussterben
im Großherzoglume Hessen thronfolgeberechtigt sein. Sie gehören also
noch zu einem landesherrlichen Hanse im weiteren Sinne. Doch sind
sie nicht der großherzoglich hessischen Familiengewalt und Hausgesetz-
gebung unterworsen und zwar um so weniger, als sie die ältere Linie
des Gesamthauses bilden. Sie machen daher in sich ein eigenes Haus
aus. An der deutschen Reichs= und preußischen Staatsangehörigkeit
ist schon deshalb nicht zu zweiseln, weil sämtliche großjährigen Agnaten
preußische Offiziere sind.
3. Das ehemals nassanische Herzogshaus hat am 23. November
1890 das Großherzogtum Luremburg erworben. Seine Beziehungen zur
deutschen Staatsgewalt sind daher grundsäßlich nicht staatsrechtlich,
sondern völkerrechtlich. Nur hinsichtlich des im Jnlande belegenen
Vermögens bleibt die Zuständigkeil der deutschen Staatsgewalt erhalten.
4. Die in Deutschland ansässigen Linien des Hauses Holstein —
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augusteuburg und Schleswig-Holstein-
Sonderburg-Glücksburg — sind Linien des weitverzweigten Hauses