8 65 Die Depossedierten. 361
Oldenburg, das in Dänemark, Griechenland, Norwegen, Rußland und
Oldenburg regiert, aber mit diesen Häusern durch keine Familiengewalt
verbunden. Zu den Depossedierten gehören sie nicht, da die Linie
Augustenburg zwar bis 1866 die Herrschaft über Schleswig-Holstein
beansprucht, aber nie erlangt hat. Doch werden sie den Depossedierten
rechtlich gleichgestellt. Sie besitzen, soweit sie in Deutschland ansässig
sind, und das gilt namentlich von den Häuptern der beiden Linien, die
deutsche Reichs= und preußische Staatsangehörigkeit. Die Kabinettsorder
vom 3. Juli 1893 erkennt an, daß sic einen selbständigen Zweig
eines in Deutschland vormals sonveränen Hauses bilden.
Das Sonderrecht der Depossedierten läßt sich wie das der
Mediatisierten nur in gewissen Hauptgruppen zusammenfassen, ohne
daß eine Zurückführung auf einen einheitlichen Gesichtspunkt möglich
wäre. Die hiernach noch bestehenden Sonderrechte der Depossedierten
sind folgende:
1. Ebenbürtigkeit. Nach allgemeinem Herkommen der
regierenden Häuser, insbesondere auch des preußischen Königshauses,
genießen die Mitglieder solcher Familien, welche früher einen erblichen
Thron innehatten, aber ihrer Herrschaft entsetzt worden sind, in
Beziehung auf die Ebenbürtigkeit dieselbe Stellung wie die Mitglieder
noch regierender Häuser. Ueberdies ist das Haus Nassau in Luxem-
burg wieder ein regierendes geworden. Die anderen Depossedierten
sind Seitenlinien regierender Häuser. Deshalb kann es nicht dem
geringsten Zweifel unterliegen, daß die Mitglieder der depossedierten
Häuser noch heute als ebenbürtig mit den regierenden Familien oder,
vom Standpunkte des preußischen Staatsrechtes betrachtet, als eben-
bürtig mit den Mitgliedern des preußischen Königshauses zu betrachten
sind. Eine ausdrückliche gesetzliche Anerkennung dieser Ebenbürtigkeit
ist allerdings nicht erfolgt, da eine solche vollständig überflüssig sein
würde, und die preußische Hausgesetzgebung den Kreis der ebenbürtigen
Personen im allgemeinen überhaupt nicht schriftlich festgestellt hat,
sondern in dieser Beziehung das Herkommen, die Hausobservanz, ent-
scheiden läßt.
2. Titel und Rang. Nach völkerrechtlichem Brauche behält der
entthronte Herrscher für seine Person Titel und Rang. Dasselbe gilt
von seinen Familienangehörigen. Sein Nachfolger darf aber nicht
einen Titel annehmen, der wie der eines Königs, Großherzogs oder
Kurfürsten einen fortdauernden Anspruch auf die Herrschaft bedeutet.