Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

370 Das Versassungsrecht. § 56 
selbständiges fürstliches Haus. Hieraus ergeben sich doppelte Folge- 
rungen, privatrechtliche und staatsrechtliche. Da die fürstliche Familie 
ein besonderes Haus bildet, so hat sie keinen Teil an den Vermögens- 
rechten des königlichen Hauses. Das königliche Hausfideikommiß und 
das fürstliche Familienfideikommiß bilden rechtlich voneinander geson- 
derte Vermögensmassen, an denen allein den Mitgliedern des be- 
treffenden Hauses Rechte zustehen. Für beide Häuser besteht ferner 
eine getrennte Familiengewalt, für die Mitglieder des königlichen 
Hauses die des Königs, für die Mitglieder des fürstlichen Hauses die 
des Fürsten von Hohenzollern. Da jedoch das königliche und fürstliche 
Haus gemeinsam das Gesamthaus Hohenzollern bilden, so übt der 
König von Preußen auch über die Mitglieder des fürstlichen Hauses 
eine Familiengewalt aus. Der Nachtrag vom 26. März 1851 zum 
fürstlich Hohenzollernschen Haus= und Familiengesetze vom 24. Januar 
182114) überträgt dem Könige von Preußen die ausschließliche Be- 
stimmung über den Eintritt des jedesmaligen Chefs und der übrigen 
Mitglieder des fürstlichen Hauses in auswärtige Zivil= und Militär- 
dienste und über den Aufenthalt unvermählter Prinzessinnen außer 
Landes. Auch soll die Vermählung des Chefs wie nach vorheriger Zu- 
stimmung des jedesmaligen Chefs die Vermählung eines Prinzen 
oder einer Prinzessin des fürstlichen Hauses nur mit Bewilligung des 
Königs gültig abgeschlossen werden können. Dem Könige steht endlich 
die Leitung der Vormundschaften über Mitglieder des fürstlichen Hauses 
und des Austrägalverfahrens bei Streitigkeiten von ihnen unter- 
einander zu. Die Mitglieder des fürstlichen Hauses sind daher der 
Familiengewalt des Fürsten von Hohenzollern und in bestimmten 
Punkten auch derjenigen des Königs von Preußen als Hauptes des 
Gesamthauses Hohenzollern untergebento). 
Staatsrechtlich solgt aus der Tatsache, daß die Mitglieder des 
fürstlichen Hauses nicht der königlichen Familie angehören, für sie der 
Mangel jedes Thronfolgerechtes in Preußen. Thronfolgeberechtigt sind 
14) H. Schulze, Hausgesetze, Bd. 3, S. 776. 
15) Anerkannt ist z. B. ausdrücklich die familienrechtliche Unab- 
hängigkeit der Mitglieder des fürstlichen Hauses, abgesehen von den der 
königlichen Entscheidung vorbehaltenen Punkten im Jahre 1870 gegen- 
über der französischen Forderung, der König solle dem damaligen Erb- 
prinzen von Hohenzollern die Annahme der spanischen Königskrone 
untersagen
	        
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