374 Das Verfassungsrecht. 857
lichen Schranlen erlassen, ohne daß dazu irgend eine Mitwirkung des
Landtages oder der Agnaten erforderlich wäret).
Das hochadlige Haus in seiner Gesamtheit bildet eine juristische
Person mit eigenem Vermögensrechte. Andererseits haben seine Mit-
glieder eine Sonderstellung.
Das königliche Haus besteht aus sämtlichen Mitgliedern der könig-
lichen Familie mit Ausnahme des Königs. Der König als solcher
nimmt eine Sonderstellung ein, die an einem anderen Orte behandelt
istb). Er ist zwar das Haupt des königlichen Hauses und übt diesem
gegenüber besondere Herrschaftsrechte aus, die ihm anderen Staats-
angehörigen gegenüber nicht zusteheneo). Wenn er nun auch privat-
rechtlich zu der königlichen Familie gehört und mit deren Mitgliedern
sich im Verwandtschafts= und Schwägerschaftsverhältnisse befindet, so
kann er doch staatsrechtlich, d. h. sofern die Mitglieder der königlichen
Familie als die privilegierteste Klasse der Untertanen aufgefaßt werden,
zu diesen nicht zu rechnen sein, da er selbst nicht Untertan ist. Mit-
glieder des königlichen Hauses sind demnach: 1. die Königin, 2. die
Witwen verstorbener Könige, 3. die vom ersten Erwerber der Krone
in hausgesetzlich gültiger Ehe abstammenden Prinzen und Prinzessinnen,
letztere, soweit sie nicht durch Heirat mit Mitgliedern fremder Häuser
in diese eingetreten sind und dadurch die Zugehörigkeit zum könig-
lichen Hause verloren haben, 4. die Gemahlinnen prenßischer Prinzen,
sofern die Ehe eine hausgesetzlich vollgültige ist, und deren Witwen
während des Witwenstandes unter derselben Voraussetzung.
4) Diese Ansicht beruht im wesentlichen auf der Auffassung, daß
der König zum einseitigen Erlasse aller derjeuigen Rechtsnormen befugt
ist, die weder die Verfassungsurkunde noch ein sonstiges Gesetz der
förmlichen Gesetzgebung vorbehalten hat. Die Begründung dieser leßteren
Ansicht ist enthalten in 88 78 ff. Die Behauptung von Rehm, Mo-
dernes Fürstenrecht S. 94, daß der Landesherr zum Erlasse von Haus-
gesetzen der Zustimmung der Agnaten bedürfe, entbehrt jeder Begründung.
Vgl. im übrigen § 14.
5) Vgl. 88 22 ff.
6) Dies ist bereits anerkannt im Geraer Hausvertrag —
H. Schulze, Hausgesetze, Bd. 3, S. 722: „Wihr wollenn einander
treulich und aufrichtig meinen, Wihr die Jüngern, Ihr: Ld. denn Chur-
fürstenn, alß denn Elteren unnd das Haubtt in unserm Hauße,
Brüederlich respectiren und Ehrenn, unnd in gesambt bey deß Haußes
Brandenburck wohlfahrtt und gedeylichem usnehmen Vrücderlich haltenn.“