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man auch tatsächlich etwas ganz Neues schuf, doch nur die alten
Stände zeitgemäß erneuern wollte, so mußte man wenigstens bei
der wissenschaftlichen Behandlung vielfach auf die frühere ständische
Entwicklung zurückgehen:). Bezüglich der heutigen preußischen Volks-
vertretung besteht dagegen nicht allein kein Rechtszusammenhang mit
den früheren Ständen, d. h. sie hat sich nicht, wie z. B. in Sachsen
und Württemberg, durch zeitgemäße Reformen aus diesen entwickelts).
Die Volksvertretung ist auch nicht den früheren Ständen nachgebildet,
sondern eine völlige Neuschöpfung, die sich lediglich an das Vorbild
anderer Staaten, insbesondere Englands, Frankreichs und Belgiens,
anschließt. Die frühere ständische Entwicklung hat daher wohl einen
geschichtlichen Wert, sie kann auch dazu dienen, die wesentlichen
Merkmale der heutigen Volksvertretung durch ihr Gegenbild klarer
hervortreten zu lassen. Dagegen sind die früheren Landstände für
das heutige Staatsrecht Preußens in jeder Hinsicht bedeutungslos.
Das Wesen der Volksvertretung ist nicht aus den ihr vorhergehenden
Bildungen, mit denen sie in keinem rechtlichen Zusammenhange steht,
sondern lediglich aus den Bestimmungen der Verfassungsurkunde und
der auf ihr fortbauenden Praxis der maßgebenden Faktoren zu
entwickeln.
§ 59. Wesen der Volksvertretung.
Die Volksvertretung hat zur Voraussetzung ein rechtlich nicht
geschiedenes Volk. Das Volk als persönliche Grundlage der Staats-
gewalt deckt sich mit der Gesamtheit der einzelnen Staatsangehörigen.
Ausgeschlossen von dem Volke in diesem Sinne sind die Fremden,
da die Herrschaft des Staates über sie abhängig ist von ihrem Auf-
enthalte im Staatsgebiete, also keinen persönlichen, sondern einen
dinglichen Charakter hat. Dagegen gehören zu dem Volke auch die
im Auslande sich aufhaltenden Staatsangehörigen, über sie nimmt der
Staat eine von ihrem Aufenthalte im Staatsgebiete unabhängige
—— ——— —
2) Vgl. v. Lancizolle, Königtum und Landstände in Preußen,
Berlin 1846.
3) Selbst für letztere Staaten leugnet Gerber a. a. O., daß
die heutige Volksvertretung eine Fortsetzung der Landstände sei, und
diese Ansicht ist meines Erachtens völlig zutreffend. Die Gründe er-
geben sich oben aus dem Texte.
Bornbak, Hreuhlsches Staatsrecht. 1. 2. Kul. 25