392 Das Verfassungsrecht. 8§ 60
der Art. 65 und 66 der Verfassungsurkunde zustande. Nach Art. 65
sollte die erste Kammer bestehen:
a) aus den großjährigen königlichen Prinzen,
b) aus den Häuptern der ehemals unmittelbaren reichsständischen
Häuser in Preußen und aus den Häuptern derjenigen Familien,
welchen durch königliche Verordnung das nach der Erstgeburt und
Linealfolge zu vererbende Recht auf Sitz und Stimme in der ersten
Kammer beigelegt wird;
) aus solchen Mitgliedern, die der König auf Lebenszeit ernennt,
deren Zahl aber den zehnten Teil der zu a und b genannten Mit-
glieder nicht übersteigen darf;
d) aus 90 Mitgliedern, welche in Wahlbezirken, die das Gesetz
seststellt, durch die dreißigfache Zahl derjenigen Urwähler, welche die
höchsten direkten Staatssteuern bezahlen, durch direkte Wahl nach
Maßgabe des Gesetzes gewählt werden;
Ic) aus dreißig nach Maßgabe des Gesetzes von den Gemeinde-
räten gewählten Mitgliedern aus den größeren Städten des Landes.
Die Gesamtzahl der unter a bis c genannten Mitglieder darf
die Zahl der unter d bis e genannten nicht übersteigen, und eine
Auflösung der ersten Kammer sich nur auf die aus Wahl hervor-
gegangenen Mitglieder beziehen. Nach Art. 66 sollte jedoch diese Neu-
bildung der ersten Kammer erst am 7. August 1852 eintreten, und
es bis zu diesem Zeitpunkte bei dem interimistischen Wahlgesetze vom
6. Dezember 1848 sein Bewenden haben. Die Legislaturperiode der
ersten Kammer wurde auf sechs Jahre festgesetzt (Art. 67). Die
Wählbarkeit zum Mitgliede setzte voraus die Eigenschaft als Preuße,
die Vollendung des 40. Lebensjahres, den Vollbesitz der bürgerlichen
Rechte und fünfjährige Staatsangehörigkeit. Die Mitglieder der ersten
Kammer durften weder Reisekosten noch Diäten beziehen (Art. 68).
Die Neubildung der ersten Kammer bedurfte also zu ihrer Aus-
führung hinsichtlich der zu wählenden Mitglieder noch eines besonderen
Gesetzes. Dieses konnte aber nicht zustande kommen, da man in
der Sitzungsperiode 1851—1852 verschiedene Versuche machte, die
Art. 65 bis 68 der revidierten Verfassungsurkunde vorher abzu-
ändern. Da nun aber mit dem 7. August 1852 die betreffenden
Artikel der Verfassungsurkunde in Kraft traten, so sah sich der König
zur Oktroyierung der Verordnung vom 4. August 1852 über die