§ 6 Friderician. Staat. Untergang d. alt. Monarchie (1740—1807). 33
ständischer Gesellschaft. Die Verfassung ist die der absoluten Monarchie.
Die ständische Ortsverwaltung ist erhalten, aber eingefügt in dem
Organismus des absoluten Beamtenstaates und ihm untergeordnet.
Die ständische Gliederung der Gesellschaft ist unberührt geblieben, und
der absolute Staat hat seine eigenen Einrichtungen darauf aufgebaut.
Diese ständische Rechtsordnung, auf welche der absolute Staat
aufgepfropft war, trug aber durch die Verbindung beider noch weitere
schwere Gefahren in sich. Nachdem die absolute Monarchie durch die
Ueberwindung der Stände diese von der Teilnahme am öffentlichen
Leben ausgeschlossen hatte, war es nur das den Adel allmählich in
sich aufnehmende berufsmäßige Beamtentum, auf dem die Staats-
verwaltung ruhte. Bürger und Bauer standen dem öffentlichen Leben
sern und mußten naturgemäß den Staat als eine ihnen fremde
Macht betrachten.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatte in dieser Be-
ziehung noch das Heerwesen eine Brücke zwischen der Gesamtheit und
dem Einzelnen gebildet. Seit der Mitte des Jahrhunderts war es
aber üblich geworden, zur Beförderung von Wissenschaft, Handel,
Gewerbe, Ackerbau und Viehzucht eine Bevölkerungsklasse nach der
anderen, zuletzt ganze Städte und Kreise von der Kantonpflicht zu be-
freien, so daß sich das Heer schließlich nur noch aus den untersten
Schichten der Bevölkerung ergänzte, Elementen, die durch die aus-
ländische Werbung nicht verbessert wurden. Der Ersatz des Heeres konnte
daher am Ende des Jahrhunderts, abgesehen von dem aus dem Mdel
des Landes hervorgehenden Offizierkorps, kaum noch schlechter gedacht
werden.
Dazu kam das unheimliche Wachstum des Staatsgebietes von
1791—1806, wodurch der Aufnahmefähigkeit des Staates Aufgaben
gestellt wurden, die er in seiner besten Zeit nicht hätte erfüllen können.
Friedrich der Große hatte während seiner glänzenden sechsundvierzig-
jährigen Regierungszeit 1742 Schlesien und die Grasschaft Glatz mit
voller Souveränität von der Krone Böhmen, 1744 Ostfriesland, 1772
Westpreußen mit Ausnahme von Danzig und Thorn und den Netze-
distrikt und 1786 einen Teil der Grafschaft Mansfeld, zusammen 1380
Quadratmeilen mit über drei Millionen Einwohnern, erworben. Trotz
dieses Umfanges war die Verschmelzung dieser Gebiete mit den alten
Provinzen sehr wohl gelungen, zumal die Haupterwerbungen, Schlesien
und Westpreußen, ein Menschenalter auseinanderlagen. Anders unter
Bornba, preußischee Staaterecht. 1. 2. Rufl. 3