8 61 Zusammensetzung des Herrenhauses. 403
ausdrücklich zwischen der Ausübung des Rechtes auf Sitz und Stimme
und dem Rechte der Mitgliedschaft selbst unterscheidet, so ist anzu-
nehmen, daß durch den Mangel eines der die bloße Ausülbung be-
dingenden Erfordernisse die Mitgliedschaft selbst nicht aufhört, sondern
nur die Befugnis der Ausübung bis zum Fortfalle des Hindernisses
suspendiert wirduz).
Die Mitgliedschaft selbst geht dagegen verloren bei den auf Prä-
sentation ernannten Mitgliedern mit dem Verluste der Eigenschaft, in
welcher die Präsentation erfolgt ist (Verordnung vom 12. Oktober 1854
8 8). Die Mitgliedschaft hört ferner auf außer in den Fällen, wo
das Strafgesetzbuch den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte vorschreibt,
wenn das Haus durch einen vom Könige bestätigten Beschluß einem
Mitgliede das Anerkenntnis unverletzter Ehrenhaftigkeit oder eines der
Würde der Kammer entsprechenden Lebenswandels oder Verhaltens
versagt (a. a. O. 8§ 9). Wenn das Haus mit Rücksicht auf eine gegen
ein Mitglied eingeleitete Untersuchung oder aus sonstigen wichtigen
Gründen der Ansicht ist, daß ihm die Ausübung des Rechtes auf
Sitz und Stimme zeitweise zu untersagen sei, so ist zu dieser Maß-
regel die königliche Genehmigung erforderlich (a. a. O. 8 10).
Zweifelhaft könnte erscheinen, ob ein Verzicht auf die Mitglied-
schaft des Herrenhauses rechtlich zulässig ist. Die Verordnung vom
12. Oktober 1854, welche die Endigungsgründe der Mitgliedschaft im
einzelnen aufzählt, erwähnt unter diesen den Verzicht nicht. Die
Matrikelkommission des Herrenhauses hat sich in ihrem Berichte vom
6. Februar 186013) gegen die Zulässigkeit ausgesprochen. Denn die
Mitgliedschaft sei weder ein Auftrag noch ein Amt, sondern eine durch
königliche Berufung verliehene, mit Pflichten verbundene Eigenschaft,
die mit zwei Ausnahmen das Gesetz selbst zu einer unauslöschbaren
gemacht habe. Statthaft sei daher das Ausscheiden nur mit Zustim-
mung der Krone und des Hauses. Zuzugeben ist, daß die Mitglied-
schaft des Herrenhauses weder einen Auftrag, d. h. ein privatrechtliches
Stellvertretungsverhältnis, noch ein staatliches Amt ist. Sie ist aber
ebensowohl wie die Mitgliedschaft des Abgcordnetenhauses Volks-
vertretung, d. h. die öffentlichrechtliche Vertretung des Volkes bei ge-
— . . — NÜ NUNäN NA—
11) Uebereinstimmend mit dieser Ansicht v. Rönne-Zorn, Pr.
St.-N., Bd. 1, S. 285; H. Schulze, Pr. St.-N., Bd. 1, S. 582.
12) Vgl. Drucksachen 1860, Vd. 1, Nr. 19.
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