Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

§ 62 Das Abgeordnetenhaus. Die Wahlbez. u. d. Wahlfähigkeit. 407 
das Jadegebiet unter Abtrennung von dem Wahlkreise Minden-Lübbecke 
mit dem Wahlkreise Aurich vereinigte. Durch Teilung von Kreisen 
wurden weitere Aenderungen notwendig. Das Gesetz vom 28. Juni 
1906 hat endlich unter Vermehrung der Zahl der Abgeordneten ein- 
zelne Wahlkreise und Wahlorte anders bestimmt und die Garnison 
von Mainz dem 9. Wiesbadener Wahlkreise zugelegt. 
Die Einteilung der Wahlbezirke beruhte also nur in den alten 
Landesteilen und in dem Kreise Herzogtum Lauenburg, dem gesetzlich 
ein Vertreter zusteht, auf Gesetz, in den 1866 erworbenen Landes- 
teilen auf königlicher Verordnung. Soweit nun aber nicht ausdrücklich 
etwas anderes vorgesehen ist, wird jede Anordnung in derselben Form 
abgeändert, in der sie erlassen ist. Veränderungen der Wahlbezirke 
konnten daher in den 1866 erworbenen Landesteilen ohne Zustimmung 
des Landtages im Wege einseitiger königlichen Verordnung getroffen 
werden. Die oben erwähnten Gesetze vom 15. Februar 1872 und 
23. März 1873 zur Abänderung der Wahlbezirke mußten nur deshalb 
ergehen, weil sie gleichzeitig die Wahlbezirke der alten Provinzen 
veränderten. Jedenfalls mußte aber die Gesetzesform für Abänderung 
der Wahlbezirke auch in den neuen Provinzen aus praktischen Gründen 
festgehalten werden. Die endgültige gesetzliche Festlegung erfolgte hier 
durch die neuen Kreisordnungen. 
In betreff der Bildung der zweiten Kammer war am 30. Mai 
1849 eine oktroyierte Verordnung) ergangen. Von dieser wichen die 
in der revidierten Verfassungsurkunde Art. 70 ff. enthaltenen Bestim- 
mungen vielfach ab, Art. 72 hatte daher das Nähere über die Aus- 
führung der Wahlen einem besonderen Wahlgesetze vorbehalten. Nach 
Art. 115 sollte jedoch bis zum Erlasse des dort vorgesehenen Wahl- 
gesetzes die Verordnung vom 30. Mai 1849, die Wahl der Abgeord- 
neten zur zweiten Kammer betreffend, in Kraft bleiben. Das in 
Art. 72 vorgesehene Wahlgesetz ist jedoch nicht erlassen worden und 
daher die Verordnung vom 30. Mai 1849 noch heute in Geltung. Die 
Verordnung ist nach Art. 115 an Stelle des Wahlgesetzes in Kraft 
geblieben, das nach Art. 72 die näheren Bestimmungen treffen sollte. 
Folglich ist auch die Verordnung nicht integrierender Bestandteil der 
Verfassungsurkunde, sondern kann durch einfaches Gesetz geändert 
— —— 
12) G.-S. 1849, S. 205.
	        
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