l64 Dauer des Abgeordnetendienstes. 421
Findet eine Auflösung des Abgeordnetenhauses statt, so müssen
innerhalb eines Zeitraumes von sechzig Tagen die Wähler und inner—
halb eines Zeitraumes von neunzig Tagen nach der Auflösung die
beiden Häuser des Landtages versammelt werden. Durch die Auf-
lösung verlieren nicht nur die einzelnen Mitglieder, welche das Ab-
geordnetenhaus bildeten, ihre Abgeordneteneigenschaft, es wird vielmehr
die politische Körperschaft selbst vernichtet, um sie durch eine neuc
ersetzen zu lassen. Es treten daher nicht die einzelnen Abgeordneten
als Ersatz an die Stelle der bisherigen, sondern das nach den Neu-
wahlen zu berufende Abgcordnetenhaus an die Stelle des aufgelösten.
Deshalb beginnt, wenn das frühere Abgeordnetenhaus aufsgelöst ist,
mit dem Zusammentritte des neugewählten Hauses auch eine neue
Legislaturperiode. Diese endet nicht mit dem Zeitpunkte, in der die
Legislaturperiode des aufgelösten Hauses ohne die Auflösung zu Ende
gegangen wäre, sondern erst fünf Jahre nach dem Zusammentritte des
neugewählten Hauses.
Außer den allgemeinen Wahlen, welche durch Ablauf der Legis-
laturperiode oder Auflösung des Abgeordnetenhauses notwendig wer-
den, finden noch besondere Wahlen statt, wenn aus irgend welchen
Gründen eine einzelne Abgcordnetenstelle im Hause nicht besetzt ist.
Die Hauptfälle, in denen ein solche Lücke eintritt, sind folgende:
1. Nichtannahme der Wahl. Gesetzlich sollen die allgemeinen
Abgeordnetenwahlen im ganzen Lande gleichzeitig erfolgen. Wenn
nun jemand die bei diesen auf ihn gefallene Wahl nicht annimmt,
so muß für den betreffenden Wahlkreis eine Ersatzwahl erfolgen.
Die am häufigsten vorkommende Ursache für Nichtannahme der Wahl
ist die Wahl derselben Person in verschiedenen Wahlkreisen. Da nun
niemand für zwei Wahlkreise gewählt werden kann, so muß der
mehrfach Gewählte die Wahl in den anderen Wahlkreisen ablehnen.
2. Nichtwählbarkeit des Gewählten. Falls ihm die persönlichen
Erfordernisse zu einem Landtagsabgeordneten fehlen, so muß die
Wahl als nichtig betrachtet werden, und es ist demgemäß eine
Ersatzwahl erforderlich.
In den zu 1 und 2 genannten Fällen hat die Regierung sofort
eine Neuwahl zu veranlassen.
3. Niederlegung des Dienstes. Da ein Zwang zur Uebernahme
oder Fortsetzung des Dienstes als Abgeordneter nirgends gesetzlich aus-
Cesprochen ist, ja die Uebernahme nur durch ausdrückliche Erklärung