436 Das Verfassungsrecht. 8 66
Der Versammlungsort des Landtages ist durch die Verfassungs—
urkunde oder ein sonstiges Gesetz nicht bestimmt. Es bleibt daher
dem freien Ermessen des Königs überlassen, den Versammlungsort
in der Verordnung, welche die Einberufung enthält, zu bestimmen.
Seit Erlaß der Verfassungsurkunde ist jedoch der Landtag noch nie
an einen anderen Ort berufen worden als nach Berlin.
Die Eröffnung des Landlages ersolgt durch den König in Person
oder einen von ihm dazu beauftragten Minister in einer Sitzung der
vereinigten beiden Häuser (Art. 77). Herkömmlicherweise geschieht die
Eröffnung, wenn sie durch den König in Person stattfindet, im Weißen
Saale des königlichen Schlosses, auch geht ihr eine kirchliche Feier
für die evangelischen Landtagsmitglieder im Dome, für die katholischen
in der St. Hedwigskirche voraus.
Die Sitzungsperiode des Landtages kann nun unterbrochen werden.
Dies geschieht durch Vertagung. Der Unterschied von der Schließung
des Landtages besteht darin, daß die nach Aufhören der Vertagung
stattfindenden Sitzungen als Fortsetzung der vor der Vertagung
begonnenen Sitzungsperiode gelten, so daß es einer neuen Berufung
und Eröffnung des Landtages nicht bedarf. Die Vertagung des
Landtages ist gleich der Berufung ausschließliches Recht des Königs
(Art. 52). Der einmal berufene Landtag darf daher durch Suspension
seiner Sitzungen seine Tätigkeit nicht eigenmächtig unterbrechen. Gleich-
wohl steht den beiden Häusern die Befugnis zu, ihre Sitzungstage auf
Grund der ihnen eingeräumten Autonomie selbständig ohne Genehmi-
gung der Staatsregierung zu bestimmen. In dieser Autonomie liegt
auch die Befugnis, je nach Bedürfnis zwischen den einzelnen Sitzungs-
tagen längere oder kürzere Pausen eintreten zu lassen. Es ist dies
schon deshalb notwendig, um den Kommissionen die für ihre Arbeit
erforderliche Zeit zu gewähren. Auch können bei Gelegenheit, z. B.
bei Festen, die Arbeiten des Landtages überhaupt auf kürzere Zeit
ausgesetzt werden, eine Unterbrechung, die man im gewöhnlichen
Sprachgebrauche ebenfalls als Vertagung bezeichnet. Tatsächlich kommt
also die autonomische Unterbrechung der Sitzungen der äußeren Er-
scheinung nach der Vertagung durch den König sehr nahe. Nechtlich
bleibt jedoch der Unterschied festzuhalten, daß die Vertagung jegliche
Tätigkeit des Landtages unterbricht. Deren Fortsetzung trotz der Ver-
tagung würde ebenso nichtig sein wie eine Zusammenkunft der ein-
zelnen Landtagsmitglieder ohne königliche Berusung. Die Unterbrechung