Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

867 Geschäftsgang der beiden Häuser des Landtages. 449 
weitere geschäftliche Behandlung der Vorlage, ob ohne weiteres zweite 
Lesung im Plenum oder vorherige Kommissionsberatung. Letzteres ist 
die Regel. Die späteren Lesungen schließen mit einer sachlichen Ab- 
stimmung über die einzelnen Teile und das Ganze. 
Die Fragen hat zwar der Präsident zu stellen. Es ist jedoch 
eine Verhandlung über die Fragestellung zulässig, und das Haus 
hat darüber endgültig zu beschließen. Die Fragen sind so zu 
stellen, daß sie mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Die 
Frage wird demnächst durch einen der Schriftführer verlesen, und 
über sie abgestimmt. Entscheidend ist für das Ergebnis der Ab- 
stimmung nach Art. 80 der Verfassungsurkunde vorbehaltlich der durch 
die Geschäftsordnung etwa für Wahlen zu bestimmenden Ausnahmen") 
stets die absolute Mehrheit. Stimmengleichheit ergibt noch keine absolute 
Mehrheit, die Frage ist also in diesem Falle als verneint anzusehen. 
Die Abstimmung geschieht durch Aufstehen und Sitzenbleiben. Ist das 
Ergebnis der Abstimmung nach Ansicht des Präsidenten und der in 
Tätigkeit befindlichen Schriftführer zweifelhaft, so wird die Gegen- 
probe gemacht. Liefert auch diese kein sicheres Ergebnis, so muß 
im Herrenhause die Zählung der Stehenden und Sitzenden vorgenom- 
men werden. Im Abgeordnetenhause verlassen alle Mitglieder auf Auf- 
forderung des Präsidenten den Saal und treten, je nachdem sie für 
oder gegen die Vorlage sind, durch zwei verschiedene Türen wieder 
in den Saal ein, wo sie von je zwei dort aufgestellten Schriftführern 
gezählt werden (sog. Hammelsprung). Namentliche Abstimmung kann im 
Herrenhause beantragt werden von jedem Mitgliede ohne Unterstützung, 
wenn die Zählung eine Mehrheit von weniger als zehn Stimmen 
ergibt. Die namentliche Abstimmung muß ferner stattfinden, wenn 
darauf vor Beginn der Abstimmung von einem Mitgliede unter Unter- 
stützung im Herrenhause von zwanzig, im Abgeordnetenhause von 
fünfzig Mitgliedern angetragen wird. Ueber einen Schluß- oder Ver- 
tagungsantrag ist eine namentliche Abstimmung unzulässig. Die Ab- 
stimmung durch Namensaufruf wird vom Präsidenten für geschlossen 
erklärt, nachdem der namentliche Aufruf sämtlicher Mitglieder erfolgt, 
und durch Wiederholung Gelegenheit zur nachträglichen Abgabe der 
Stimme gegeben ist. Nach Beendigung der Abstimmung verkündet 
der Präsident deren Ergebnis. 
4) Eine solche Ausnahme ist z. B. getroffen worden für die 
Wahl der Schriftführer, bei der relative Mehrheit entscheidet. 
Bornbak, Hreußisches Staaterecht. I. 2. Rufl. 29 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.