456 Das Verfassungsrecht. 8 69
bei der Gesetzgebung und umgekehrt, die Mitwirkung des Landtages
bei der Gesetzgebung besteht in der Erteilung dieser Zustimmung.
2. Vereinigte Sitzungen beider Häuser.
In verschiedenen Fällen haben die beiden Häuser des Landtages
zu einer vereinigten Sitzung zusammenzutreten. Es geschieht dies
regelmäßig nach Art. 77 der Verfassungsurkunde bei der Eröffnung
und Schließung des Landtages. Diese Akte sind jedoch von formaler
Natur, irgendeine Erörterung oder Beschlußfassung des Landtages
findet dabei nicht statt. Denselben Charakter hat die nach Art. 54
der Verfassungsurkunde erforderliche vereinigte Sitzung beider Häuser,
in der der König das eidliche Gelöbnis leistet, die Verfassung fest
und unverbrüchlich zu halten und in Uebereinstimmung mit ihr und
den Gesetzen zu regieren.
Eine Beschlußfassung der vereinigten Häuser findet nur statt,
salls sich die Notwendigkeit einer Regentschaft ergibt. Dem nächsten
volljährigen Agnaten liegt die Verpflichtung ob, bei Behinderung des
Königs die Regentschaft zu übernehmen und sofort die beiden Häuser
des Landtages zu berusen, die in vereinigter Sitzung über die Not-
wendigkeit der Regentschaft beschließen. Durch diese Beschlußfassung
wird die Regentschaft nicht begründet, sondern in ihrer Berechligung
anerkanntt). Der Beschluß des Landtages hat also keinen konstitu-
tiven, sondern nur einen deklaratorischen Charakter. Die Rechtsfolgen
eines Landtagsbeschlusses, der die Berechtigung der Regentschaft nicht
anerkennt, sind hier nicht weiter zu erörtern. In Ermangelung eines
regierungsfähigen Agnaten liegl, falls nicht bereits vorher gesetzliche
Fürsorge getroffen ist, den beiden Häusern des Landtages in ver-
einigter Sitzung die Wahl des Regenten ob.
3. Entscheidungen des einzelnen Hauses.
Während bei der Gesetzgebung die beiden Häuser zwar gesondert
beraten und beschließen, aber doch nur der übereinstimmende Wille
beider Häuser von rechtlicher Bedeulung ist, bei der Anerkennung der
Notwendigkeit der Regentschaft und der Wahl des Regenten die beiden
Häuser sogar zu einer einzigen Körperschaft zusammentreten, gibt es
auch Fälle, in denen jedes Haus einzeln mit rechtlicher Wirkung zu
handeln befugt ist. Diese Fälle sind Beschlüsse innerhalb des Rahmens
der Geschäftsordnung, der Erlaß einer Adresse an den König, die
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) Vgl. 8 36.