466 Das Verfassungsrecht. 8 71
als Gesetze bezeichneten Normen hatte das Allgemeine Landrecht ein
besonderes, seit 1807 außer Gebrauch kommendes Verfahren vor der
Gesetzkommission vorgeschrieben. Der wichtigste, bis 1848 fortdauernde
Unterschied zwischen Gesetzen und anderen königlichen Verordnungen
bestand aber darin, daß nach § 10 a. a. O. die Gesetze erst mit
der Zeit ihrer gehörigen Verkündigung Verbindlichkeit erlangten, wäh-
rend für die sonstigen löniglichen Anordnungen eine besondere Ver-
kündigung nicht vorgeschrieben war, ihre Verbindlichkeit also mit der
Zeit des Erlasses eintrat.
Zu dem Gebiete der Gesetzgebung gehörte also vorzugsweise der
Erlaß von Normen des Privat-, Straf= und Prozeßrechtes. Anderer-
seits hatten doch schon Allgemeines Landrecht und Allgemeine Gerichts-
ordnung bedeutende Teile des Verfassungs= und Verwaltungsrechtes
in den Kreis ihrer Kodifikation hineingezogen. Die Verfassungsurkunde
überwies nun außerdem das Versassungsrecht des Staates fast voll-
ständig, außerdem aber zahlreiche wichtige Gegenstände des Verwal-
tungsrechtes der Regelung durch die Gesetzgebunge). Damit wurde,
da der Erlaß von Gesetzen nunmehr an die vorherige Zustimmung
beider Häuser des Landtages gelnüpst war, die Besugnis des Königs
zum Erlasse von Rechtsnormen im Wege der einseitigen klöniglichen
Verordnung bedeutend beschränkt, aber nicht aufgehoben.
Was Gegenstand der königlichen Regierung überhaupt ist, ließ
sich nur negativ besltimmen, es ist alles, was der Gesetzgebung nicht
vorbehalten ist, da das Gesetz die Schranke der freien Regierungs-
tätigleit bildet. Dies gilt auch für die dem königlichen Verordnungs-
rechte unterliegenden Rechtsnormen. Alle diejenigen Rechtsnormen
können im Wege der königlichen Verordnung erlassen werden, die der
Gesetzgebung nicht vorbehalten sind. Da eine auf einem logischen
Einteilungsgrunde beruhende Unterscheidung der Gegenstände der freien
königlichen Regierung und der Gesetzgebung nicht besteht, nur die
Gegenstände der Gesetzgebung aber positiv gesetzlich festgestellt sind,
so ist hier nur auf die Ausführungen über die Gegenstände der Gesetz-
gebung (8 80) zu verweisen.
Der König kann Rechtsverordnungen erlassen, sei es auf Grund
gesetzlicher Ermächtigung, sei es auf dem von der Gesetzgebung nicht
in Anspruch genommenen Gebiete.
–. — —
2) Vgl. 8 80.