40 Grundzüge der Verfassungsgeschichte. 87
gestaltung in dem Sinne unterzogen, daß alle unteren Behörden zwar
mit größter Machtvollkommenheit bekleidet und zum schnellen Handeln
geeignet gemacht, aber in völlige Abhängigkeit vom Ministerium ver—
setzt wurden, alle Ministerien aber unter dem Einflusse des Staats—
kanzlers standen. Die Verwaltungsresorm Hardenbergs war im Gegen—
satze zu derjenigen Steins lediglich Mittel zur Durchführung der Finanz—
und Wirtschaftsreform. Als Vollzugsorgan der Verwaltung wurde 1812
eine militärisch organisierte und dem Ministerium unbedingt zur Ver-
fügung stehende Gendarmerie nach französisch-westfälischem Muster
eingeführt.
In dem Heere fiel zunächst infolge der Herabsetzung des Be-
standes die ausländische Werbung fort. Außerdem arbeitete man
nnablässig an der moralischen und technischen Hebung des Heeres.
Alle Standesvorrechte beim Militär wurden durch Verordnung vom
6. August 1808 beseitigt. Dagegen blieb die inländische Aushebung
mit Rücksicht auf den beschränkten Bestand auf diejenigen Klassen
der Bevölkerung angewiesen, die schon bisher der Kantonpflicht unter
worfen gewesen waren. Erst 1813 wurde die allgemeine Wehrpflicht
und zwar zunächst nur vorübergehend für die Dauer des Krieges
eingeführt. Im Jahre 1814 erfolgte dann die endgültige Durch-
führung der allgemeinen Wehrpflicht.
Trotz der Mangelhaftigkeit der einzelnen Reformgesetze und der
Nichtvollendung sowohl der Steinschen wie der weit bedeutenderen und
tiefergehenden Hardenbergschen Reform beim Ausbruche der Befreiungs-
kriege war doch das Wesentliche erreicht. Es war ein Staat geschaffen
auf deutschnationaler Grundlage, nicht mehr ein Gesamtstaat, sondern
mit der Auflösung des Reichs ein in allen Gebietsleilen sonveräner
Einheitsstaat. Die ständische Rechtsgliederung war beseitigt, die ganze
Nation zur Teilnahme am Staate und regem Patriotismus erweckt,
der sie zu den einzig dastehenden Anstrengungen der Freiheitskriega
befähigte und damit die Wiederherstellung des Staales möglich machte.
Der Wiener Kongreß gab Preußen von seinen alten Gebieten
wieder Danzig, Thorn, den Netzedistrikt und einen Teil von Süd-
preußen, Kottbus, die Altmark, Magdeburg, Halberstadt und die 1803
erworbenen thüringischen Besitzungen, letztere mit einigen unbedeuten-
den Ausnahmen, endlich die rheinisch-westfälischen Gebiete mit Aus-
nahme Ostfrieslands und eines Teils von Geldern und Lingen. Als
Ersatz für die aufgegebenen polnischen und fränkischen Gebiete, Ost-